"Heute hat sich die Arbeitszeit zu der Zeit schlechthin totalisiert. Sie ist die Zeit, die sich beschleunigen und ausbeuten lässt. Die
Entschleunigungs-praktiken bringen hier keine andere Zeit hervor. Sie verlangsamen nur die Arbeitszeit, statt diese in eine ganz andere Zeit zu verwandeln. (...) Die Sinnleere führt auch dazu,
dass wir heute pausen- und richtungslos kommunizieren. Die Leere zwischen Kommunikationen erscheint als Tod, den es schleunigst auszublenden gilt durch mehr Kommunikation. (...) Der
Leistungsdruck erzeugt aber, selbst wenn man in Wirklichkeit nicht viel arbeitet, einen psychischen Druck, der die Seele ausbrennen kann. Das Burn-out ist keine Arbeits-, sondern eine
Leistungskrankheit. Es ist nicht die Arbeit als solche, sondern die Leistung, dieses neue neoliberale Prinzip, was die Seele krank macht. Die Pause als Arbeitspause markiert keine andere Zeit.
Sie ist nur eine Phase der Arbeitszeit. (...) Die Entschleunigung bewirkt keine Heilung. Vielmehr ist sie nur ein Symptom. Mit dem Symptom lässt sich die Krankheit nicht beseitigen. Die
Entschleunigung allein macht aus der Arbeit kein Fest. Notwendig ist heute nicht die Entschleunigung, sondern eine Zeitrevolution, die eine ganz andere Zeit beginnen lässt. Die Zeit, die sich
beschleunigen lässt, ist eine Ich-Zeit. Sie ist die Zeit, die ich mir nehme. Es gibt aber eine andere Zeit, nämlich die Zeit des Mitmenschen, eine Zeit, die ich ihm gebe."
Byung-Chul Han, in: ALLES EILT. WIE WIR DIE ZEIT ERLEBEN
(2013)
"Das Düsseldorfer Dichtermonster – meist steigert er sich in einen rauschhaften Zustand: Der Bewußtseinspionier möchte mit seiner Kunst jede Art von Religion überwinden." FAZ 9.9.1997 (Nr.209, S.57) über De Toys
Tom de Toys, ANTI-E.S. 10.5.2012 (8:55:56h)
(VER)LETZTE LIEBE
lebenslänglich suche ich
nach meiner letzten liebe
jeder schritt ist nur die hoffnung
deine nähe irgendwo zu spüren
und dann pünktlich anzuhalten
um ein treffen zu ermöglichen
aus meinen augenwinkeln sehe ich
die falsche schönheit stolz
an mir vorüber ziehen während
du am andern ende dieser welt
versuchst mir deine zeichen so
zu senden daß mich die geheime kraft
in deine richtung treibt ich arbeite
daran mich günstig zu bewegen aber
die befürchtung ist nicht grundlos
daß das leben im sekundentakt
zu staub zerfällt bevor du
mich auf einem alten foto
als den mensch erkennst
der parallel zu dir gelebt hat
wie ein seelenzwilling das unendliche
vermissen kommt zu spät für uns wir
sind die toten die sich niemals trafen
nur die hinterbliebenen genießen das
was uns verbindet grenzenlose
sehnsucht ohne wenn und aber
jede poesie ist hier gelaber
(c) Entnommen aus dem Gedichtband "SÜHDSUCHT"
77 Somatoforme Gedichte 2010-2013 / G&GN-PDF-Edition
"Das Bleiben ist das letztendliche Ziel. Und es ist ein vermessenes Ziel. (...) Ich kenne niemanden, der wirklich angekommen ist."
Benjamin Lebert (30-jährig 2012, Bestseller: "CRAZY" mit 17),
am 3.8.2012 im Interview mit JÜLICHER NACHRICHTEN
"Alles bleibt eine Frage der Chemie. Natürlich eine ganz großartige, geheimnisvolle, wunderbare 'Chemie'. Was meinen Sie, was das sonst sein sollte? Wer das als Wunder erstmal akzeptiert, der verliert nicht seinen Glauben, bei dem kehrt er wieder zurück." J. Allan Hobson (TRAUMFORSCHER), im Interview mit BerlinBlock (11/2009)
G&GN-INSTITUT DÜSSELDORF ELLER SÜD 11.5.2012 / Der letzte Teil der neuropoetischen PDF-Trilogie (G&GN-Edition PoemieDigitalFusion) mit ausgewählten Best-of-Gedichten von Tom
de Toys ist jetzt KOSTENLOS & ISBN-FREI unter dem Titel "STORNOGEBÜHREN FÜR STERNE BERÜHREN" im Düsseldorfer G&GN-Verlag (www.G-GN.de)
erschienen. Die darin enthaltenen 27 jüngsten Liebesgedichte Nr.62-88 ab 2011 dienen als poesiepädagogische Beispiele für die Poetologie der "Erweiterten Sachlichkeit", mit der Tom de Toys seit
dem 12.12.1994 auf den angeblichen "germanistischen Etikettenschwindel" aufmerksam machen möchte:
Gemäß seiner E.S.-Theorie für "echte, erfüllte" Liebeslyrik sind die meisten abendländischen Gedichte zum Thema "Liebe" über die Jahrhunderte hinweg zu
sageundschreibe 95% von unerfüllter Sehnsucht geprägt (d.h. unter 400 Gedichten sind nur, aber immerhin 20 echte, also im Durchschnitt 2 pro Jahrhundert im vergangenen
Jahrtausend!), soll heißen: vom genauen Gegenteil der erfüllten Liebe. Trotzdem werden sie in sämtlichen Standardanthologien sowie
Einzelgedichtbänden berühmter Dichter immer wieder unter dem Sammelbegriff "Liebeslyrik" präsentiert.
Der vorliegende brandneue PDF-Band enthält außerdem die beiden E.S.-Manifeste von 1995 und 1996 sowie ein topaktuelles
ANTI-E.S.-Gedicht zu Vergleichszwecken, so daß er sich hervorragend für einen progressiven Deutschunterricht eignet, um kritischen Schülern den Glauben an die Liebe und die moderne Lyrik zurück
zu schenken, falls sie bei Goethe, Heine, Brecht und Rilke gelangweilt die Konzentration verweigern...
G&GN-INSTITUT 7.3.2012 / Wem die mystischen "Best of" von Tom de Toys gefallen, könnte jetzt einen kleinen Schock bekommen, wenn er die frisch online publizierte Ergänzung dazu liest: "D’DORF HELAAF" heißt das neue PDF-Machwerk zum kostenlosen Download und verspricht im Untertitel 13 Gedichte "zum Mond anheulen" aus den Jahren 1993 bis 2012. Darin finden sich "sorgfältig ausgewählte" Langgedichte von De Toys und seinen beiden Mitarbeitern Ärwin Ängstirn & Bruno Brachland, die man teilweise bereits aus anderen Bezügen kennt – und die alles andere als mystisch, esoterisch oder sonstwie beruhigend wirken. So wurde das "Wutgedicht" ÜBER-B-WERTUNG zum Beispiel von stan lafleur in den Akten der ehemaligen Rheinischen Brigade veröffentlicht und ÜBERSCHREI vom Tacheles-Künstler Tim Roelofs in seine Pariser Rauminstallation integriert. Den Auftakt macht das legendäre SocialBeat-inspirierte Poem INFLATION, das leider nur bruchstückhaft im Kultbuch "Von Acid nach Adlon und zurück" (Johannes Ullmaier, Ventil Verlag 2001, Neuauflage geplant!) vertreten ist, dafür aber als hochwertige Hörversion im G&GN-Institut heruntergeladen werden kann. Krönendes Schlusslicht, oder sollte man besser "Schlußßlicht" sagen, da es im ganzen PDF vor lauter verbotenen scharfen ß nur so wimmelt, macht das topaktuelle Gedicht ÜBERHO(H)LUNG (PLERomACRON Teil 3)...
G&GN-INSTITUT 13.9.2010 / ERGÄNZEND ZU DEN POLITISCHEN GEDICHTEN sind nun 17 (von insg. 61) ausgewählte "Very Best Of" E.S.-BEISPIELE für Erweiterte Sachlichkeit ab 1994, der gesamte 17-teilige “JA(HR...HUNDERT/TAUSEND”-Zyklus ab 1998 und die vollständige Serie aller 17 LOCHGEBETE ab 2004 von Tom de Toys zu Forschungszwecken als kostenloser PDF-Kombipack in der brandneuen G&GN-Edition "PoemieDigitalFusion" freigegeben! Garniert wird die 3 mal 17 Gedichte umfassende Sammlung von 7 ausgewählten Fotos des Lyrikers aus seinem "Be No Berlin"-Album, die er mit seinem Mobiltelefon knipste...
G&GN-INSTITUT 10.9.2010 / Und ja doch: trotz seiner transdualistischen Lochismuß-Poetologie der "sowohl-als-auch" engagierten UND esoterischen Schreibmotiv(ation)en innerhalb desselben Textes GIBT ES durchaus "explizit politisch" zu bezeichnende Gedichte von Tom de Toys!!! Bereits 1991 machte sich der Dichter einen politischen Reim auf den Golfkrieg (teilweise in seiner bis heute einzigen ISBN-Publikation "JeDaZeitBereit" nachzulesen: Claus Richter Verlag, Köln 1993), aber erst am 8.8.1993 entstand auf dem 1.SocialBeat-Festival im Berliner Pfefferberg sein Gedicht "EGOLITS (GEDICHT OHNE INHALT)" mit den betriebsskeptischen Zeilen:
"und wieder schlagen sich / die künstler ihre köpfe ein / und wollen alle wichtig sein / so wichtig daß kein andrer zählt / der inhalt wird egal / wenns publikum
dich auserwählt / (...) / oh macht dem künstler / der sich zu gebärden weiß / behauptet seiner sei der beste scheiß / (...) / TÖTET DIE FREIHEIT / TÖTET DIE KUNST / DANN SEID IHR BEREIT / FÜR DEN
BÜHNENDUNST / TÖTET DIE FREIHEIT / TÖTET DIE KUNST / DAMIT IHR VERBLÖDET / IN ZUSCHAUERGUNST / (...) / ach wie gut daß keiner weiß / daß ich nur dichter aus verarschung heiß / sonst hätten sie
mich längst gefeuert / fänden mich erstrecht bescheuert / doch mein ernster blick genügt / und die versammlung bleibt vergnügt (...)"
...die den Auftakt bilden zu seinem 93 "Kritische Gedichte von Köln bis Neukölln" aus den Jahren 1993 bis 2008 umfassenden Gedichtband "WARUM HAST DU NICHT ZUR ANDEREN SEITE GESCHAUT?", dessen Titel keineswegs mystisch gemeint ist sondern als heimlicher Vorwurf an Rolf Dieter Brinkmann, der
bekanntermaßen auf dem Höhepunkt seiner Karriere bei einem Autounfall in London ums Leben kam. Nachdem nun endlich das letzte Exemplar der streng limitierten Sonderedition von 93 Stück ohne
jegliche Werbemaßnahmen verkauft wurde (es war in keinem einzigen Buchladen erhältlich sondern wurde ausschließlich vom Autor persönlich auf dessen Live-Literatur-Events angeboten, und auch das
nur auf Anfrage!), entschied sich der Verlag, die Compilation zu Forschungszwecken als PDF zum kostenlosen Download im Internet freizugeben! Ausschlaggebend dafür ist die laufende Diskussion
unter Jungautoren in der Lyrikzeitung über die Notwendigkeit eines Revivals "Politischer Lyrik" und der Schwierigkeit einer begrifflichen Definition dieses speziellen Sektors. De Toys zählt laut
Dr. Johannes Ullmaier (in: "Von Acid nach Adlon und zurück", 2001) zu den "eigenweltlerischen" wahren Popdichtern im ursprünglichen Wortsinne – im Gegensatz zu den sogenannten "Popper"-Literaten
seit dem KiWi-Blöff rund um Stuckrad-Barre. Und Dr. Enno Stahl (vom Düsseldorfer Heinrich-Heine-Institut) bemerkte 2007 über ihn:
"Autoren wie (...) Tom de Toys u.v.m. haben mit ihren Texten, Kleinstpublikationen und Veranstaltungsreihen der literarischen Szenerie ihren Stempel
aufgedrückt."
(in der Broschüre zum Projekt 'POP AM RHEIN')
Den DRUCK eines solchen Stempels spürt allerdings prinzipiell NUR der geneigte Leser, denn nur insofern es überhaupt eine Leserschaft gibt, können Gedichte ihre
Kraft individuell entfalten. In der Schublade bleiben sie tickende Zeitbomben ohne Zünder. Auch ein Gedicht wie "HOWL" von Allen Ginsberg konnte damals nur jene Zeitgenossen konkret
seelisch/sozial beeinflussen, die es tatsächlich lasen – der Rest ist nichts weiter als aufgeblasenes Medienspektakel, wie es auch heute noch praktiziert wird, um Bedeutung und Einfluß zu
suggerieren: mediale Massenhypnose zur institutionellen Statussicherung, um den geheimen gruseligen LEERLAUF kritisch-engagierter Dichtung geschickt zu verschleiern! Daher liegt der Verdacht
nahe, daß sich politisch motivierte Stubenlyriker schon bald wieder zu öffentlichen Skandalperformern entwickeln und sogar "etablierte" Preisträger dem ekelerregenden Betrieb entweder entsagen
oder ihn zumindest für politische Zwecke instrumentalisieren, bis sie von den Betriebsverwaltern selber als image-gefährdend ABGESTEMPELT und wieder abgestoßen werden: stillschweigend durch
schleichende Ignoranz totgeschwiegen nach nur zehn Jahren wie Minuten Superruhm. Wir wissen alle, wie schnell und gut das funktioniert mit nur einem Fehltritt ins Trendtabu. Der Literaturbetrieb
gleitet zwar reibungslos über seinen selbsterfundenen windstillen Ozean, allerdings ohne zu ahnen, daß eine sprechende Riesenqualle (bestehend aus genervten & gelangweilten Autoren aller
Richtungen und Generationen) direkt unter ihm mit nur einer einzigen kleinen Zuckung AUFTAUCHEN könnte.
G&GN-INSTITUT 19.9.2009 / Was "politische Lyrik" sei, beantwortet Tom de Toys seit über 20 Jahren mit seiner "Direkten Dichtung" auf seine eigene Art, nämlich in einem unzeitgemäßen Versuch, sowohl seelische als auch soziale Themen in einer interdisziplinären Fusion zu synchronisieren. Zu Zeiten der “SocialBeat”-Bewegung brauchte man weder die "politische" Frage (man hatte "seinen" Brinkmann) noch die "spirituelle" (man hatte "seinen" Ginsberg) zu stellen: man war SOWIESO voller "Wut" UND "Visionen" (in einem damaligen Radio-Interview mit Hadayatullah Hübsch anläßlich eines der legendären SB-Festivals schön dokumentiert), BEIDE Denkfiguren waren die seelischen (Ab-)Gründe, um überhaupt als Dichter öffentlich zu werden! Und auch in den späten 90ern des letzten Jahrhunderts waren die anfänglichen Poetry Slams noch ganz selbstverständlich eine brodelnde Politperformance. Die "INFLATION DES KRITISCHEN" im sogenannten "Underground"-Literaturbetrieb bis zum Endstadium des Verfalls aller authentisch “engagierten” Textproduktionen erreichte ihren Höhe- und Schwerpunkt in der neuen Gattung der "Comedyliteratur", die sich gerne hinter dem etwas cooler klingenden Markenzeichen "Clubliteratur" versteckt. Heroische Anti-Koma-Ausnahmen in diesem salonfähig etablierten, dekadenten, massenmedienkompatiblen Slambetrieb bilden heutzutage grandiose kritische Texter & Performer wie der erwachsen gewordene Toby Hoffmann und die Wienerin melamar, aber die restlichen angeblichen "Monster"-Poeten (apropos: als Dichtermonster bezeichnete sich De Toys bereits 1994, die FAZ griff das dann 1997 im Autorenportrait auf) treiben eher "bemüht" alkoholisiert oder akademisiert durch die jeweilige Splittergalaxie... Eine wirkliche "WÜTEND-VISIONÄRE" Vernetzung der ganzen Bandbreite "subversiver" Poeten im deutschsprachigen Raum, um zu einem fulminanten Schlag gegen die Oberflächlichkeit der Gegenwart auszuholen (ja, es gab solche Anliegen einmal wirklich – lang ists her! Gruß an Yussuf Schönauer & Thomas Nöske), scheitert letztlich daran, daß es gar keinen Begriff von Subversion mehr in einem alles als Pop "komplex" aufsaugenden Zombietum gibt (Adonis ist tot, Adorno auferstanden!) – oder um es mit einem Slogan zu sagen, den man in manchen Szene-Locations auf T-Shirts gedruckt lesen kann: "THE REVOLUTION IS NOT TELEVISED". Soll heißen: wer was wann wo eigentlich wirklich tut, um die Welt zu verändern, steht in den Sternen (manchmal auch in Pommern), aber nicht in den Büchern... also wird Hubble die Zeichen bestimmt bald entziffern...
G&GN-INSTITUT 9.9.2010 / Das "ekstatisch-empirisch-esoterische mOMent" der Direkten Dichtung unterscheidet NICHT zwischen politischen und apolitischen Motivationen, weil die Beschäftigung mit dem "Weltganzen" im Sinne des Lochismuß' stets von beiden psychischen Seiten der randlosen Medaille gespeist wird: der spirituellen (ontologischen) Basis des lyrischen Ichs sowie dessen kritisch-konkret behandelten neurosoziologischen Bewußtseinsphänomenen, die das Menschsein in der Welt beschreiben. Dementsprechend gibt es für das "direkt" dichtende Ich (also jenes, das sich absichtlich "filterlos" von der Welt beeindrucken läßt wie in einer Art multidimensionalen Trance) sowohl schwärmerische als auch schockierende Aspekte in der poetischen Erfahrung. Das Endergebnis kann je nach Situation MEHR ODER WENIGER politische UND apolitische Anteile beinhalten, kennt aber KEINEN ABSOLUTEN privatistischen Fluchtort im klassisch-idealistischen Sinne: durch das Loch des Lochismuß' zu sehen, bedeutet eben KEIN Schlupfloch aus der sozialen Wirklichkeit auf eine “andere” (falsch verstandene pseudo-mystische) Seite zu haben sondern wirft das Individuum auf sein "auswegloses" (bodenloses) Bestandteil-Sein zurück. Damit liegt ein gravierender Unterschied vor zwischen dieser Ekstase transdualistisch-empirischer Daten, die direkt-dichterisch ausgewertet werden, und falsch verstandener redundant-dualistischer Esoterik, die sich hinter weltflüchtigen Illusionen (und deren literarischen Metaphern) abschirmt und damit immer nur autistische Fantasy statt authentischer Phantasie produziert. Da in der laufenden Gegenwart ohnedies von vielen Seiten ein Mangel an seelischem Tiefgang beklagt wird (sowohl im verblödenden Volk als auch an pubertären Regierungsspitzen), ließe sich sogar behaupten, daß besonders eine spirituell dem "Leben an sich" zugewandte Lyrik -womit eben gerade NICHT religiöse oder sonstige dogmatische sondern freigeistige Literatur aus der "Offenheit für die Erfahrung" (Carl Rogers, 1961) gemeint ist- an sich schon DIE parteilose politische Kritik par excellence am kollektiv-destruktiven Zeitgeist thematisiert, weil sie im krassen Widerspruch zum hektischen Konsumieren unreflektierter Floskeln steht. Stuckrad-Barre möchte man für diese Zwecke einen Aufenthalt in einem Zenkloster zwangsverordnen, damit er über das neurophilosophische Rätsel "WER BIN ICH?" meditiert, das ihm der mittlerweile erleuchtete Mönch Michel Houllebecq aufgibt, und dessen unerwartete Beantwortung die redundant-deskriptive (pseudo-affirmative) Haltung ganzheitlich-politisch zu erweitern vermag. Nach einem erfüllten Leben als "kritische Visionäre" sehen sich dann alle literarischen Lager bei ihrer eigenen Beerdigung wieder und gestehen sich gegenseitig ein:
"(...) / Superfans, Dichterlinge, alternde Beatniks & Deadheads, Autogrammjäger, vornehme Paparazzi, intelligente Glotzer / Alle wußten sie waren Teil der
'Geschichte', außer dem Verblichenen / der aber auch zu meinen Lebzeiten nie richtig wußte, was denn nun eigentlich los war. //"
Allen Ginsberg, in: TOD & RUHM (1997)
G&GN-INSTITUT 4.11.2010 / Ein Dichter auf Abwegen? Seit diesem zweiten November schreibt Tom de Toys keine Gedichte mehr sondern ein therapeutisches Tagebuch als Online-Blog, um anderen Schmerzpatienten mit der Diagnose "somatoforme" (körperdysmorphophobe) Störung seine klinischen Erfahrungen auf dem Weg zur Heilung zur Verfügung zu stellen. Der Untertitel des Projekts lautet "VON DER MYSTIK DES MENSCHEN ZUR MYSTIK DES MENSCHLICHEN" und deutet darauf hin, daß es um den Versuch geht, anstatt des neuroastronomischen Denkens, das sich leicht mit begrifflichen Symbolen für das Weltganze zufrieden stellt, ein konkretes Analysieren von psychischen Abgründen bis in die Kindheit hinein zu wagen, um quasi versteckte Dateien im Biocomputer aufzuspüren und als psychische Viren unschädlich zu machen, die am Rande der integralen Identität eine Schattenexistenz führen und im Endstadium heimlich die Kontrolle über den Körper übernehmen wie ein Krebsgeschwür… In der Einleitung des “Therapietrips” ist bereits erkennbar, mit welchen Schwierigkeiten sich der Dichter konfrontiert sieht:
"...diese Hoffnung auf Wahrheit könnte sich im Verlaufe der Geschichte als absurde Selbstlüge erweisen, so daß sich der ganze literarische Entwurf einmal mehr
als idiotischer Köder in einem leeren See verrät und mich, den vermeintlichen 'Autor', als Scharlatan bloßstellt. (...) Mir bleibt nur das geringste Mindestmaß an Urvertrauen in diesen
Schreibimpuls übrig, der direkt nach diesen einleitenden Worten wieder versiegen könnte, wie es schon früher mehrmals geschah. (...) Helden, Gewinner, Doppelgänger, Gott, das Ich und der Sinn des
Lebens, all das sind pathetische Attribute der Schriftstellerei, die das imaginäre Selbst umkreisen, bevor es implodiert. Was sich jenseits der Literatur auf der anderen Seite des implodierten
Dichters befindet, gilt es für mich jetzt zu erkunden."
Auszug aus "DAS D U R C H LEUCHTEN DER MATERIE"
Diese fahrlässige Gleichsetzung des gesamten SELBST (gemäß Psychosynthese bloß die "leere Mitte" als Beobachter des Spektakels) mit der “Dichter”-Teilpersönlichkeit
-oder positiv ausgedrückt: die Überhöhung des lyrischen Ichs zum kosmischen Kronzeugen des Ontischen- hat in einem bestimmten Entwicklungsstadium von somatoformen Symptomen schlichtweg
ausgedient. Aber ihr trotzdem weiter betriebener routinierter Leerlauf gebiert sogar Monster, die das Menschliche am Menschen fressen wollen. Übrig bleibt dann ein durch und durch
selbstzweifelnder Vergifteter im Sinne Artauds Gesellschaftskritik, der keinem einzigen selbstgedachten Wort mehr trauen mag, solange die psychische HERKUNFT DER WÖRTER ungeklärt scheint.
Insofern geht es im therapeutischen Prozess nicht nur um die Wiederherstellung der körperlichen Funktionen zwecks reibungsloser Alltagstauglichkeit sondern vorallem um einen neuen antipoetischen
Zugang zur Sprache, der sich nicht mehr mit der transpersonalen Mystik des Menschseins "an sich" beschäftigt sondern auf die Offenlegung des individuellen Mythos der psychosomatischen Seele
abzielt. Sogesehen könnte daraus sogar eine noch größere "Direktheit" (oder Trivialität wie im Urlaubsgedicht "FÖHRLING" vorweg genommen?) in zukünftigen Beispielen für die antimetaphorische
Poetologie der Direkten Dichtung resultieren, deren esoterische (=selbsterfahrende statt religiöse) Tendenz 2001 in der Entwicklung der
Quantenlyrik mündete – aber auch ein Überlaufen in rein journalistische Motivationen würde einer gewissen Logik folgen. Was
allerdings dem hier behandelten Dichter derzeit "logisch" erscheint, ist durchaus fragwürdig und bedarf mehr als nur dieser schreibtherapeutischen Maßnahme...