Tom de Toys, 19.5.2013 @ sOMatoform 002
...in der schule hatte ich nur trockenen, biederen religionsunterricht, den man mit dem geschichts- und politikfach hätte zusammenlegen können, denn in allen drei fächern ging es nur um das
auswendiglernen der namen bedeutender personen, wichtiger daten und historischer ereignisse, aber nicht um die FRAGEN, die sich ein schüler über das WARUM EIGENTLICH ÜBERHAUPT
macht, nämlich psychodynamische fragen über die inneren gründe, die sehnsüchte und obsessionen der menschen, die den geschichtsprozess der menschheit beeinflussten. philosophie
war mir als fach leider genauso verhasst, weil es in meiner vorstellung genauso verkopft und verkrampft möglichst komplizierte satzkonstruktionen diskutiert, anstatt das überschäumende
herz sprechen zu lassen. ich hätte als schüler einen revolutionären lehrer gebraucht, der das schulfach "ALLGEMEINE SEHNSUCHT" eigenmächtig einführt und von uns wissen will, wie es
uns eigentlich geht, was uns bewegt und welche fragen wir über das leben als solches mit uns herum tragen. einer, der die schüler nicht zutextet und pflichtküren für gute noten absolvieren lässt,
sondern der themen aufgreift, die aus den reihen der schüler kommen. einer, der seine themen durch die schüler erst findet, der seinen unterricht an dem emotionalen zustand der klasse
ausrichtet, ein lehrer, der als pädagoge auch psychologe und soziologe ist, der ein gespür dafür hat, was für fragen im klassenraum in der luft hängen, der selbst stark genug ist, um das subtile
knistern in der luft in sensible sätze zu verwandeln, ein moderner stadtschamane also, der für die pubertäre energie spontan altersgerechte geeignete bildfragen aufspürt und dadurch aus
jedem fach kunstunterricht macht, weil jede frage authentisch kreativ erforscht würde, bildnerisch selbstbildend anstatt totgeredet und mit hausaufgaben totgetreten, die mangels interesse
irgendwann sowieso nur noch huschhusch nebenbei hingerotzt werden. und dann dieser stress, schon ab 8 uhr früh aufnahmebereit sein zu müssen anstatt erstmal yoga oder irgendwas liebevoll
wachmachendes für das befinden zu tun, damit sich der geist allmählich an den tag gewöhnen kann und zu sich kommt, sich bewußt und bewußter wird und irgendwann automatisch einschaltet und
wissbegierig wird anstatt viel zu früh schon gezwungen zu werden, zu denken, zu sprechen und sich an auswendig gelerntes wissen vom vortag zu erinnern, obwohl man erst grade aus tiefen
träumen erwacht ist, die kuschelige decke noch wie eine schützende höhle um die haut gewunden lag, und man noch ganz andere vorsprachliche sorgen in seiner seele spürt als die brutale
informationsverarbeitende welt, die mit ihren worten und zahlen an einem zerrt, als gäbe es sowieso nur systeme aus worten und zahlen und keine seele, die erstmal kapieren muß, daß sie geboren
wurde und darum dem wahnsinn der systeme ausgesetzt ist. und wenn du dann noch das seltsame "pech" hast, zu früh zu extrem
paranormalen erfahrungen ziemlich abgedrehter archetypen jenseits des jungschen repertoires ausgeliefert zu sein, die immer tabuloser und sprachloser und bildfreier in eine total leere
mitte eines kollektiv-kulturübergreifenden bewußtseinslabyrinthes führen, dessen geheime schattenexistenz niemand in deiner anständigen bieder-banal-bürgerlichen umgebung erwähnte, die nur aus
trivialpopliterarischem klatsch und tratsch besteht, der das rätselhaft selbstreferenzielle phänomen BEWUßTSEIN auf eben die billige informationsverarbeitende ebene eines roboters
reduziert, der sich nicht fragt, wer er ist und warum es ihn gibt - dann stehst du irgendwann nachts auf dem vollmondfeld, weil du nicht schlafen kannst, und heulst die sterne an, die nicht
antworten, bis du so heiser und verheult bist, daß du dich nur noch nach einer heißen tasse fenchelhonigmilch sehnst und dich fragst, in was für eine welt du da eigentlich hineingeboren
wurdest, die so obercool oberflächlich dahindümpelt und keinerlei "letzte" fragen an die existenz "an sich" stellt. die einzigen fragen, die einem beantwortet werden, sind jene, die
bereits vorgefertigt im fernseher vorgegaukelt werden. das nenne ich die perfekte MASSENHYPNOSEGESELLSCHAFT, den tiefschlaf all jener, die "arbeiten, arbeiten, arbeiten" (wie es
Hadayatullah Hübsch herausbrüllte) und sich zum ausgleich mit ablenkungen von der ablenkung vergnügen, ohne sich jemals nach dem sinn der beschäftigungstherapie zu fragen.