"Ich bin nicht durchgekommen, in diesem unter der tiefsten inneren Verpflichtung geleisteten Buch, mein ganzes Staunen auszuschreiben, darüber, daß die Menschen seit Jahrtausenden mit Leben und Tod umgehen (von Gott gar nicht zu reden) und dabei diesen ersten unmittelbarsten, ja genau genommen, einzigen Aufgaben: (denn was haben wir anderes zu tun) noch heute (und wie lange noch?) so neulinghaft ratlos, so zwischen Schrecken und Ausrede, so armselig gegenüberstehen. Ist das nicht unbegreiflich? Meine Verwunderung über diese Tatsache drängt mich, sooft ich mich ihr überlasse, zunächst in die größte Bestürzung hinein und weiter in eine Art Grauen; aber auch hinter dem Grauen ist etwas nächstes und Übernächstes, etwas so Intensives, daß ich mit dem Gefühl nicht zu entscheiden vermöchte, ob es glühend oder eisig sei."
Rainer Maria Rilke, im 1.Brief (8.11.1915): ÜBER GOTT (1933)
"Weil es völlig unmöglich ist, sich sein eigenes persönliches Abwesendsein vorzustellen, füllen wir die Leere in unseren Köpfen mit Schreckgespinsten, etwa in
ewiger Dunkelheit lebendig begraben zu sein. Wenn der Tod nichts weiter ist als das Ende des Bewußtseinsstroms, gibt es gewiß nichts zum Fürchten. (...) Ich persönlich glaube, daß wir den Tod
nicht als individuelles Erinnerungs-System transzendieren, sondern nur so weit, als unsere wahre Identität dem totalen Weltprozeß entspricht, im Gegensatz zum leicht erkennbaren separaten
Organismus."
Alan Watts, in: DIE NEUE ALCHEMIE (1958)