STECKBRIEF: Miss Tigra
Geboren 1971 in Næstved, Dänemark. Fängt Ihre Bühnenkarriere mit 6 an, als Ballett-Tänzerin an der "Königlichen Ballettschule" in Kopenhagen
(1978-1985). Als neugierige Teenagerin hört sie mit Tanzen auf und findet stattdessen Ihre Ausdrucksform im poetischen Schreiben. Wird 1994 an der Schule für Schriftsteller "Nøddeknækkeren" in
Kopenhagen aufgenommen, anschließend erste Publikation. Zieht 1997 nach Berlin, arbeitet im Literatursalon des Kunsthauses Tacheles (1998-2000) und macht wöchentliche Balustraden-Lesungen
zusammen mit dem Lyrik-Kollegen Tom de Toys. Fängt mit einer langen Reihe von Crossover-Media-Projekten mit verschiedenen Künstlern an und findet einen neuen Ausdruck als Objekt-Lyrikerin und
Poetry-Performerin. Mit dem Elektromusiker T.Raumschmiere kreiert sie gemeinsam die Basis für das Konzept "Pop Poisoned Poetry". Zu
den Soundscapes von T.Raumschmiere trägt sie ihre Gedichte nun singend oder melodisch sprechend vor, während im Hintergrund Videoprojektionen einen passenden visuellen Rahmen schaffen. Publiziert
"Dropping" 2000 auf dem Berliner Platten-Label Shitkatapult als ihren ersten Beitrag und tourt von 2000 bis 2001 durch Deutschland, Norwegen und USA. Erhält 2000 ein Zwei-Jahres-Stipendium für
Literatur des Dänischen Kunstfonds. Fängt 2002 eine neue Zusammenarbeit mit dem Musiker Anaphie-stic an. 2003 Geburt ihrer ersten Tochter. 2004 erscheint "Throw me a bone" als ihr zweiter Plattenbeitrag auf der
Shitkatapult-Jubiläums-DVD Strike 50. Seit 2005 arbeitet sie als Lyrik-Redakteurin für das Prenzlauer Berg Kiezmagazin "P-Berg".
21.6.06: Lyrikmail #1311 "Fallend / Dropping / Tabende" (Miss Tigra)
LYRIKMAIL verschickte am 21. Juni 2006 das Gedicht "Fallend" der dänischen Dichterin Miss Tigra, das auf den Tag genau vor 7 Jahren, am 21.6.1999
geschrieben wurde und ihrem ehemaligen Show-Butler De Toys gewidmet ist. Der Originaltext entstand auf Dänisch und wurde 2000 für das Projekt "Pop Poisoned Poetry"
ins Englische übersetzt: Sprechgesang von Miss Tigra und Musik von T.Raumschmiere. Diese englische Version als Soundtrack wurde auf den 10.Jubiläumsalbum "Strike Silver: Cozmick Suckers"
des Berliner Platten-Labels Shitkatapult publiziert. 2004 übersetzte dann der Vater von De Toys, der gebürtige Däne Christian Holzapfel, das Gedicht ins Deutsche für Miss Tigras Debut-Gedichtband
"AUGENBLICK", der im Herbst 2006 im Neuköllner G&GN-Verlag erscheinen sollte, aber aus technischen & finanziellen Gründen nicht umgesetzt werden konnte, da die Richtlinien der Edition
naHbell nicht den künstlerischen Anspruch der Dichterin erfüllen konnten...
Miss Tigra, 21.6.1999, gewidmet Tom de Toys
(Deutsche Übersetzung von Christian Holzapfel)
Fallend
Ein Augenblick
dreht sich in unsere Sicht
spiegelt den freien Fall
durch gottlose Lumpen
springt die Sicherung
im Stoß
wo das Verschwinden der Haut
den Schatten unserer Körper
zur Seite treten lässt
und
hinterlässt
uns
==
00
erleuchtet niederschwebend
leer
wie Engel
Miss Tigra, 21.6.1999
Dropping
A blink of an eye
turns in our vision
reflecting the free fall
through godless rags
snapping the fuse
with a push
where the skin's disappearance
allows shadow from our bodies
to dissolve
and
leaves
us
==
00
lighted sinking
empty
as angels
Miss Tigra, 21.6.1999
Tabende
Et øje-blik
vender sig i vores syn
spejler det frie fald
igennem gudeløse laser
springer sikringen
i skubbet
hvor huds forsvinden
lader skyggen fra vores kroppe
træde til side
og
efterlader
os
==
00
oplyst dalende
tomme
som engle
"Zwischen Nachwuchstalenten, Dichterfürsten, Superlativen und Preisträgern als vorletzter Act dieser Wintersaison nun also das ultimative Poetry-Sound-Duo mit dem wilden Tiger und dem absoluten Geheimtip der experimentellen Off-Musikszene! Der endgültige Beweis, daß interdisziplinär präsentierte Literatur an die Substanz geht..." (G&GN-LITERATURSALON 1998)
Miss Tigra
ICEAGE
The breath seeps in to the air
as cold vapour
from iceboxes
Icicles hanging in the air
of the unsaid words
your back shows me
We
an iceberg of screaming white
of silence
Miss Tigra
CIRKULATER
The marathonman of nature
orbits against his own time
through rashed streets
beneath skyskin of loneliness
He seeks the heart of matter
in lust fore the eleventh commandment
does not see the glances burnt to crips
of those who saw time run out
Never learns from his neighbour
bumrushes the rattling corpses
ignores the call of experience
his bleeding ears racing by
In the mute galaxy of eternity
he is seen running time and again
haunted by old questions
slung around they chase each other