( Hintergrundessay über Pop-Lyrik von Enno Stahl HIER )
"Im Sommer 1968 hatte der amerikanische Literaturprofessor Leslie A. Fiedler in einem Freiburger Vortrag über eine künftige Literatur spekuliert. (...) Wem also der echte Wahn zu riskant ist, der begnüge sich mit Literatur; das ist, ohne Zynismus gesagt, auch eine Rechtfertigung der Literatur. Pop-Literatur, verstanden als psychedelische, soll dem Leser zu einem Trip ins Unbekannte verhelfen."
Harald Hartung, 1985 in: DEUTSCHE LYRIK SEIT 1965
"Ich glaube, die Kulturindustrie saugt immer alles auf und macht daraus ein eigenes Ding, eine industrielle Ware. (...) Die
Perfektion, mit der etwas irgendwie Widerborstiges und Rebellisches zum Teil des Mainstreams gemacht und zu etwas Affirmativem umgebogen wird, nötigt mir
Respekt ab. Den Kapitalismus darf man eben niemals unterschätzen, und die Kulturindustrie ist eine Speerspitze des Kapitalismus. (...) Ich glaube, dass eine ganze Generation den Protest, den Widerstand verlernt hat. Oder deutlicher gesagt: einer ganzen Generation wurde der Widerstand gegen die Verhältnisse,
sogar schon das Bewusstsein dafür, dass man Widerstand gegen Verhältnisse leisten kann,
durch zwei Jahrzehnte Neoliberalismus ausgetrieben." Berthold Seliger, in:
EINE ARBEITSWELT INSZENIEREN, IN DER SICH
SKLAVEREI WIE FREIHEIT ANFÜHLT (9.3.2014)
9 elektronische Vertonungen für meine neuropoetischen Gedichte produzierte der Kölner Musiker Kris 2002 für unser kurzlebiges Studio-Projekt "HOLZHUND". Die originale Bandseite auf dem mp3-Portal existiert seit Anfang 2011 nicht mehr, darum gibt es die Stücke jetzt hier allesamt als KOSTENLOSE mp3-Downloads!
NEU 2014: Für all jene, deren Endgeräte keine mp3-Audiodateien abspielen, wurden alle Tracks für eine
Playlist
auf Youtube in Videos konvertiert, den Anfang machte die "WENDEZEIT" pünktlich zur Sommersonnenwende :-) Theoretischer Hintergrund zum Thema Pop & Lyrik siehe bei
Samuel Lépo
Ergänzend gibt es 5 weitere Hörproben, die 1999 auf der CD "freies fleisch" der Band "Das Rilke Radikal" erschienen, darunter das legendäre Gedicht "INFLATION" von 1993, das im letzten Kapitel des Kultbuches "Von Acid nach Adlon und zurück" (von Johannes Ullmaier, Ventil Verlag 2001, Neuauflage geplant!) nur kurz als Slamfake angespielt wird...
Text: "ÜBER-B-WERTUNG" (Neuropoesie)
Text: "WENDEZEIT" (21.E.C.)
Text: "VENUS" (19.E.C.)
Text: "DRE!FACHHELiX" (im PDF "HYSTERiE HELAAF!")
--> enthält anders als die Hörversion eine 3.Strophe,
die erst
weit nach der Aufnahme gedichtet wurde!
BRANDNEU 2013: die Live-Version am
100TPC-Welttag
enthält als 4.Strophe nach dem Gitarrensolo die Zeilen:
" laß dir garnix erzählen / du
weißt es selbst / wer sonst "
Text: "ÜBERSCH1CK(SAL)" (Hugo Huhmor)
Texte: "ÜBERPOP(PEN)" & "ÜBER(EIN)KOMMEN" (Jasa Mindo)
Text: "ÜBERGEBET" (2.E.C.)
"Im Sommer 1968 hatte der amerikanische Literaturprofessor Leslie A. Fiedler in einem Freiburger Vortrag über eine künftige Literatur spekuliert. (...) Die Moderne*, so Fiedler, sei an ihrer Rationalität, an ihrer Sucht zur Analyse zugrunde gegangen. (...) Fiedler sympathisiert nicht ohne Grund mit der These Ronald D. Laings, >>derzufolge einige Schizophrene einen 'Durchbruch' und keinen 'Zusammenbruch' erfahren haben<<. Wem also der echte Wahn zu riskant ist, der begnüge sich mit Literatur; das ist, ohne Zynismus gesagt, auch eine Rechtfertigung der Literatur. Pop-Literatur, verstanden als psychedelische, soll dem Leser zu einem Trip ins Unbekannte verhelfen. Häufig genug blieb es bei einem Ausflug ins Allbekannt-Triviale, das bloß neu arrangiert und aufgeputzt worden war. (...) Wenn auch, wie wir heute sehen, das Publikum nicht so sehr von jener Pop-Literatur [Anm.G&GN: gemeint ist die damals sogenannte 'Neue Sensibilität'] affiziert war, um so mehr waren es die Autoren. Sie konnten sich befreit glauben von der Last und Verpflichtung des Avantgardismus, der Ästhetik überhaupt, und zugleich vom Odium des Esoterischen, der Entfremdung vom Leser."
Harald Hartung, 1985 in: DEUTSCHE LYRIK SEIT 1965
*Herkunft des Wortes 'modern' laut Hartung: aus dem 6.Jahrhundert
"Nur etwa 50 Prozent der Beschäftigten in der Kulturbranche haben überhaupt noch einen festen Arbeitsplatz und die Bezahlung liegt oft nur knapp über Hartz IV-Niveau. Und von den anderen 50 Prozent, den Freiberuflern, leben zwei Drittel in prekären Verhältnissen. (...) Es geht darum, eine Arbeitswelt zu inszenieren, in der sich Sklaverei wie Freiheit anfühlt. Denn diesen Unternehmen geht es ja in Wahrheit darum, die bestmöglichen Kandidaten für die bestmögliche (Selbst-)Ausbeutung zu gewinnen. (...) Ich glaube, die Kulturindustrie saugt immer alles auf und macht daraus ein eigenes Ding, eine industrielle Ware. (...) Die Perfektion, mit der etwas irgendwie Widerborstiges und Rebellisches zum Teil des Mainstreams gemacht und zu etwas Affirmativem umgebogen wird, nötigt mir Respekt ab. Den Kapitalismus darf man eben niemals unterschätzen, und die Kulturindustrie ist eine Speerspitze des Kapitalismus. (...) Es geht nicht um Symbolpolitik, es geht nicht um Alibimaßnahmen, es geht einzig und allein um eine vernünftige soziale Absicherung der Künstler. (...) Ich glaube, dass eine ganze Generation den Protest, den Widerstand verlernt hat. Oder deutlicher gesagt: einer ganzen Generation wurde der Widerstand gegen die Verhältnisse, sogar schon das Bewusstsein dafür, dass man Widerstand gegen Verhältnisse leisten kann, durch zwei Jahrzehnte Neoliberalismus ausgetrieben."
Berthold Seliger über Popkultur und
Kreativwirtschaft als Gentrifizierung, in:
EINE ARBEITSWELT INSZENIEREN, IN DER SICH
SKLAVEREI WIE FREIHEIT ANFÜHLT (9.3.2014)