Tom de Toys ALIAS Tom Toys:

Die Welt als Schock und erweiterte Tatsache

After several teenage-poems written between summer 1986 and summer 1989 as a result of meditations searching for BIGGER answers to BIGGEST questions the unexpected HOLeISM-Xperience at the 5th of May 1989 awoke my true identity as a neuropoet, because i was so pure, so not-pretending anything that the anti-metaphorical short poem "KONTAKT" about the matrix-view could appear (suddenly one month later) and showed me that poetry needn't be hermetical (complicated, serious, secret, symbolical) to be poetry but can be very simple - the one and only highest and deepest importance is: it has to describe HONESTLY your own existential experience in the best way the sensual moment ITSELF tells you...

MEMORY (c) De Toys, 1.3.2010 (Gedächtniskirche, Berlin-Ku'damm)
MEMORY (c) De Toys, 1.3.2010 (Gedächtniskirche, Berlin-Ku'damm)

3 Gedichte aus:
"Die Welt als Schock

und erweiterte Tatsache"
(Werkquerschnitt mit 88 ausgewählten Beispielen für

Direkte Dichtung 1989-1995)

 

HÖRBAR: Eine perfekte Studioversion von "INFLATION"

wurde vom Autor 1998 für

die CD "freies fleisch" seiner

Band DR2 eingesprochen!

 

"In Gebrauchs- wie in Kunstsprachen wird zur Zeit der natürliche, alltägliche, flüchtige, provisorische Ausdruck dem mehr oder minder streng formalisierten vorgezogen: Rhetorik, Stilistik, selbst Grammatik haben kaum noch normative Funktion, die Sprachverluderung nimmt in der mündlichen wie in der schriftlichen Praxis zu, findet weithin kritiklose Akzeptanz und wird somit ihrerseits normbildend. (...) Dass auch die Poesie diesen Trend aufnimmt, ist deutlich genug zu erkennen und gilt keineswegs nur für die performativen Sparten von Rap und Slam. Das aktuelle poetische Sprachdesign gibt sich heute, zumindest im deutschsprachigen Raum, als eine willkürliche, dabei spontane (improvisatorische) Hybridisierung aus Alltagsrede, Werbesprache, Songtexten und Gruppenidiomen zu erkennen. Ich will diese Tendenz nicht bewerten, doch ich frage mich, ob es das Interesse und die Aufgabe der Poesie sein kann (...) sein sollte, den heruntergekommenen Status der Alltagssprache zu übernehmen, ihn künstlerisch zu kultivieren und eben dadurch zu rechtfertigen. Gelegenheitslyrik, Plauderlyrik, Gebrauchslyrik, Verbrauchslyrik, Unterhaltungslyrik, Roadlyrik, Pornolyrik, Institutslyrik, Wettbewerbslyrik scheinen die Lyrikproduktion und den Lyrikbetrieb zu dominieren, und offenkundig bestimmen diese rezenten lyrischen Sprechweisen sehr weitgehend auch die einschlägigen Rankings, Stipendien- und Preisvergaben im Bereich der Versdichtung. Sprechkunst gegen Sprachkunst: Der improvisierte Sprechakt überbietet die Geste des Schreibens, mindert sie herab zum Notat. Jede Sprechweise hat ihren Grund und ihre Berechtigung, doch nicht jede ist gleichermassen von künstlerischem Interesse (...) bei weitem nicht jede behauptet sich auch in der Schrift, in der Sprachform des Gedichts. (...) Auch das kann die Sprache besser wissen, statt bloß besser zu scheitern wie so mancher Dichter an seinem Gedicht.
Felix Philipp Ingold, in: Lyrikzeitung 18.4.2013 / Nr.80

 

Tom Toys, 6.3.1993

PARADIES

kriege führt man nur
gegen sich selbst
und stolz wie stein
darf licht nur sein
wie kleine kinder
kraft verschwenden
für restloses glück
ohne gewalt
anzuwenden
die spiegel verlieren
das feuer der wunden
wenn einsamkeit leuchtet
kann erdnähe munden
wir lecken dann
gläsern die körper
und stumm
alle geschichten sind
endlich bis dumm

 

 

"Die Sprache der 'Realität' verspricht uns Erleichterung von der 'Last' unserer Bedürfnisse, was uns bereit macht, unseren eigenen Wahrnehmungen nicht mehr zu trauen. Daher ist unsere einzige Rettung die Sprache des Herzens. Die Spaltung muß überwunden werden, indem man sich nicht der Logik einer vorgeblichen 'Realität' anschließt, sondern auf der eigenen Fähigkeit zum Mitgefühl, zum Erleben von Leid und Freude insistiert."
Arno Gruen, in: DER WAHNSINN DER NORMALITÄT (1987)

 

 

Tom Toys, 26.12.1993

INFLATION

und wieder ein gedicht
und wieder ein gedicht
und deinen lieben gott
den gibt es nicht
und wieder ein gedicht
und wieder ein gedicht
und deine seele kannst du
lange suchen
ja ich schreibe wieder
schreibe schreibe
schreibe wieder
noch eins noch eins
und noch ein gedicht
wer weint fällt
durch das geldgeschiebe
ach daß mich nichts hält
an diesem leben
bleibt im krankenordner kleben
alles sah und schrieb er auf
die wiederholung nahm so ihren lauf
und falls sich irgendwann
mal irgendwer
klammheimlich fragt
was wollte der
wiegt schon die sehnsucht
tausend bücher schwer
ach lang ists her
und immer dasselbe
künstler hatten wir genug
gegen das schwarzrotgelbe
im ei kannst du nichts machen
sie müssen dich verlachen
und rühren den brei
und führen den betrug
aus
bis ans aus bis ans
aus aus aus
laßt mich hier raus
das ende schmeckt bitter
der deutsche gewöhnt sich
an jedes gewitter
die kunst ist nicht tot
nein die kunst gabs noch nie
meine arbeit ist getan
ich kann mich besaufen
die kunst als unnützer scherz
lernt nie wirklich laufen
schön darf sie sein
dann will sie jeder kaufen
ja schön ja schön ja
schön schön schön
nur nichts bedeuten
was hinter dem schein
der spiegel spiegel
an der wand
verrät des dichters schnelle hand
könnte hilfe hoffnung
und heilung einläuten
aber nicht bei der masse
und nicht in diesem land
oh wie ich sie hasse
die dummheit läßt sich nicht häuten
hier wie überall
verläuft alles im sand
und der sand im getriebe
wird gut geschmiert
oder im museum gehäuft
der alltag gewinnt
der künstler verliert
statt liebe nur hiebe
und über diese welt
kann jeder fluchen
aber sich verpissen
das kann letztlich keiner
denn der himmel ist nicht blau
und engel nicht weiß
ich schreibe ein gedicht
über diesen affenscheiß
und noch ein gedicht
und noch ein gedicht
denn keiner wird gescheiter
bloß die spalte immer breiter
ich schreibe immer weiter
wer glaubt noch an das große licht
und durch den harnleiter
schreit mein echtes gesicht
das paradies hat erdengewicht
und die erde die ist grau
mir ist im bauch so flau
und in der birne tausend hirne
drum schreib ich noch eins
noch eins und noch eins
weiter weiter immer weiter
bis meine geduld gerissen
mein blut voller eiter
und das herz verschlissen
mein mund ist schon lange
ein scheiterhaufen
und trotzdem sieht keiner
in den bildern den schmerz
ich sage dir heute
wie gestern spiel mit
oder flieh
flieh
flieh
das rückgrat bricht
nicht
die wirbel werden
langsam aber sicher
weich wie die
knie
und kopf hoch
junge
und
danke

 

 

"Ich habe weder die Absicht zu missionieren noch zu bekehren, und trotzdem glaube ich, daß, wenn sich ein solches Bewußtsein ein wenig stärker durchsetzte, jener prätenziöse Nonsens, der als der Ernst des Lebens durchgeht, sich in Gelächter auflösen würde. Wir würden sogleich erkennen, daß die hohen Ideale, in deren Namen wir töten und uns gegenseitig Vorschriften machen, leere und abstrakte Surrogate für die unbeachteten Wunder sind, die uns umgeben - nicht nur für die augenfälligen der Natur, sondern auch für die überwältigenden, fast unheimlichen Tatsachen der bloßen Existenz."
Alan Watts, in: Dies ist ES (1960)

 

Tom Toys, 16.11.1995

AN DIE ENKEL

wir werden uns irgendwann finden
wir müssen
umgeben von marionetten
ich kann nicht dauernd weinen
wieder zuhause
herbstduft
fast winter sagt die hoffnung
meine seele ist zu leer um zu glauben
ich bin noch immer jung
und so müde
milde sonne
das bunte laub
kühle brise am hügel
die felder wie damals
das wäldchen

ich war noch jünger
wohlbehütet und verspielt
wer läßt mich jetzt in ruhe
arbeiten
wo seid ihr bloß
es ist so wenig echtes da
ich will nicht lügen um zu leben
überall ist großstadt
bilderkäfige ohne sehnsucht
wer klärt meine eltern auf
ich habe freunde wenn ich schluß mache
jedes jahrhundert einige
kalte trauer zur faust geballt
im auto sitzen
eine zärtliche berührung könnte helfen
das universum ist so groß
die schlote qualmen weiter
heilung wartet
schon wieder meinen namen vergessen
sie treiben ihre späße mit uns
und wundern sich dann
mein wehrloser ekel
beachtenswerte leistung

 

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