Eine solche tiefenzivilisatorische Symbolinterpretation weckt einen gigantischen Schlund an Bildergeschichten, die uns architektonisch und museal so vertraut sind, daß wir nie großartig über ihre Herkunft und Bedeutung nachdachten! Um diese sagenhaften Erzählungen von Homer und Hesiod rund um die Ängste und Tricksereien zwischen Gaia und Uranos in ihrem vollen kosmisch-titanischen Ausmaß zu verstehen, bedarf es zwar keiner Astrologie, aber da uns einige der griechischen URGÖTTER auch heutzutage noch als Himmelskörper und Wochentage begegnen, gönnen wir uns einen kleinen Ausflug durch unser Planetensystem. Um uns die Reihenfolge der Entfernungen aller neun Planeten (inzwischen nur noch acht: Pluto wurde der Status Planet erst letztens aberkannt) von unserem Fixstern aus, der Sonne, leichter zu merken, eignen sich die Anfangsbuchstaben der Wörter in folgendem Satz:
* Eris ist der größte bekannte Zwergplanet unseres Sonnensystems. Eris zählt zu den Plutoiden, einer Unterklasse von Zwergplaneten, die jenseits der Neptunbahn die Sonne umrunden. Nach seiner Entdeckung am 29.7.2005 bezeichneten die NASA und viele Medien dieses Objekt des Kuipergürtels zunächst sogar als "zehnten Planeten" mit einem circa 100 km größeren Durchmesser als Pluto. Allerdings verabschiedete die Internationale Astronomische Union (IAU) am 24.8.2006 eine neue Planetendefinition, nach der Eris (genauso wie Pluto) als Zwergplanet abklassifiziert werden musste. Das Objekt erhielt demgemäß im September 2006 die Nummer 136199.
"Auch in alten Sternsagen und -Mythen wird von einer Glocke, einem Kessel oder Dach gesprochen, an deren inneren Wänden die Sterne befestigt seien. Diese gelten hierbei bald als goldene Nägel, die in das Himmelsdach eingeschlagen sind... (...) Wie der Name Milchstraße, so kommen auch viele Namen der in ihr sichtbaren Sternbilder aus dem Altertum: Schwan, Pfeil, Adler, Delphin und Leier gehen auf die Antike zurück, Adler sogar noch weiter, nämlich auf das alte Babylonien. Nicht alle Sternbilder haben indes eine Ähnlichkeit zwischen Figur und Namen. Wo sich Ähnlichkeiten mit irdischen Gegenständen nicht finden ließen, griffen schon die alten Sternweisen zur rein willkürlichen Benennung. (...) Mögen die ersten Anfänge der Planeten-Bezeichnung noch im Dunkeln liegen, von der babylonischen Sternkunde an lernen wir immer mehr Planetennamen kennen, die sich von Volk zu Volk und von Kultur zu Kultur forterbten, wenn auch oft in Übersetzungen und Verstümmelungen. Am deutlichsten wird dies, wenn wir den Übergang aus dem babylonischen in den griechischen Kulturkreis betrachten. Der griechische Saturn geht hier zurück auf den babylonischen Ninib, der griechische Jupiter war vormals der babylonische Weltschöpfer Marduk, Mars war der babylonische Todes- und Pestgott. (...) Wenn am Anfang die Benennung auf Grund einer äußeren Ähnlichkeit erfolgte, geriet dieser Grund für die Namensgebung bald in Vergessenheit, so daß in der Folge vom Namen auf die Sache (Namensfetischismus) geschlossen wurde. Da speziell die Planeten bei Babyloniern und Ägyptern und demzufolge auch bei den Griechen mit Göttern identifiziert und vermengt wurden, übertrugen sich auch die einzelnen Göttereigenschaften. Davon zehrt die Astrologie noch heute. (...) Die Astronomie als ernsthafte Wissenschaft von den Sternen benutzt auch die alten Götternamen. Aber für sie sind diese tatsächlich nur Namen und weiter nichts, während die Astrologie über den Namensfetischismus nicht hinausgekommen ist und ihn auch nicht überwinden kann; bedeutete dies doch das offenkundige Eingeständnis ihres Zusammenbruchs. (...) Mehrmals wurde festgestellt, daß die Astrologie mit dem antiken geozentrischen Weltbild verbunden war. Der niedrige Stand des damaligen Wissens ermöglichte es den Sternweisen und Sterndeutern, als Vertraute überirdischer Kräfte aufzutreten. (...) Der Geruch des Religiösen und Phantastischen verlor sich in der ganzen Geschichte der Astrologie nicht. (...) Bei der Kirche ist es der einzige Gott, der das Menschenschicksal bestimmt und mehr oder weniger festlegt. Bei der Astrologie sind es die Sterne, die diese Aufgabe übernehmen. (...) Beiden wurden daher aber auch das neue Weltbild des Kopernikus wie überhaupt die neu entstehenden Wissenschaften zum Verhängnis. (...) Hinsichtlich der Astrologie aber können wir konstatieren, daß mit der Anerkennung des heliozentrischen Weltbildes zugleich das Ende jeglicher ernsthaften Sterndeuterei gekommen war. (...) Die Astrologie rechnete bis zur Entdeckung dreier neuer Planeten mit der heiligen Siebenzahl. Seit alters wird verschiedenen Zahlen eine geheimnisvolle Wirkung zugeschrieben. Dieser Zahlenmythos war bei Babyloniern wie bei Ägyptern schon bekannt. (...) Die bekannten fünf Planeten plus Sonne und Mond schienen ein göttlicher Fingerzeig zu sein, in der Sieben ein göttliches Geheimnis zu suchen. (...) Hinsichtlich der Namensgebung haben wir Beweise, die die Behauptung, die Astrologie sei eine Erfahrungswissenschaft, vollauf ad absurdum führen: Im Jahre 1781 entdeckte Herschel einen Planeten, der den Namen Uranus erhielt. Diese Benennung hielt sich an die alte Tradition, Planeten mit antiken Götternamen zu bezeichnen. Uranos ist der griechische Gott der Naturkräfte, der Vater des Saturn, der Titanen und Zyklopen. Die Umlaufzeit des Planeten Uranus um die Sonne beträgt 84 Jahre, er hat also seit seiner Entdeckung gerade gute zwei Umläufe hinter sich gebracht. (...) Uranus hat in der Astrologie die Herrschaft über die Naturkräfte und schafft Katastrophen und Unfälle. (...) 1846 wurde der Planet Neptun entdeckt. Seine Umlaufzeit beträgt 165 Jahre. Der antike Gott Neptun war der Beherrscher des Meeres, der Flüsse und überhaupt des Wassers. Das genügt den 'erfahrungswissenschaftlichen' Astrologen aber auch schon. Sie beziehen einfach die astrologische Kraft des Neptun auf Wasser und Feuchtigkeit. (...) Wem dies noch nicht genügt, der mag erfahren, wie sich die Astrologen gegenüber dem erst 1930 entdeckten Planeten Pluto verhielten. Erfahrungswissenschaftler müßten sich angesichts dieser Tatsache sowie der Umlaufzeit von 248 Jahren geflissentlich jeglicher Wertung enthalten. Die Astrologen wissen es aber wiederum ganz genau. Pluto war bei den Griechen der Gott der Unterwelt. Wenn die moderne Wissenschaft dem neuentdeckten Planeten den Namen dieses alten Griechengottes nur gab, um der Tradition treu zu bleiben, so hindert dies die Astrologen keineswegs, die Namensgebung zum Anlaß zu nehmen, dem unschuldigen Planeten Pluto nachzusagen, er bringe Katastrophen und Erdbeben. Sogar die Atombombe wird ihm unterstellt, weil Plutonium zu ihrer Herstellung verwendet wird... An dem Verhalten der Astrologen gegenüber den neuentdeckten Planeten können wir genau ihre Verantwortungslosigkeit verfolgen. Im Altertum beriefen sich die Sterndeuter oftmals auf ihre intuitiven Kräfte. Ihr Wissen, so sagten sie, sei ihnen von Göttern gegeben worden zur Belehrung der Menschen. Mit derartigen Weisheiten können die heutigen Astrologen nicht mehr aufwarten. Die andere Möglichkeit, die Astrologie als normale Wissenschaft auszugeben, was im Mittelalter versucht wurde, ist heute ebenfalls nicht mehr vorhanden. So bleibt denn nichts anderes als der Rückzug auf die Erfahrung. Jahrtausendelange Beobachtungen, so behaupten sie, hätten die Richtigkeit der astrologischen Behauptungen ergeben, und die Astrologie wäre eben einfach nichts anderes als die Summe der von den Menschen gemachten Erfahrungen mit den Sternenkräften. Wie es mit dieser Erfahrung aussieht, zeigen die Beispiele mit den drei neuentdeckten Planeten!"
Gerhard Zwerenz: "MAGIE STERNENGLAUBEN SPIRITISMUS. Streifzüge durch den Aberglauben" (1956)
Die eingangs gestellte Frage nach dem WARUM (gibt es das Sein) beschäftigt desweiteren nicht nur Astronomen und Biologen sondern natürlich auch Archäologen, die
schon seit über einem Jahrhundert erstaunliche Fossilien ans Tageslicht befördern, mit denen sich sowohl die natürliche Evolutionstheorie beweisen ließ als auch die alten Mythen endgültig
ins Land des “Sagenhaften” verbannt wurden. Hören wir dazu
Herbert Kühn in der Einleitung seines Buches
“DAS ERWACHEN DER MENSCHHEIT” von 1954:
“Es gibt keinen Mythos, keine Sage der Völker, keine Religion der Erde, die nicht von diesem Gedanken ausgeht: Wo kommt der Mensch her, wie ist der Mensch
geschaffen worden, wo liegt sein Ursprung, wo sein Erwachen, sein Erwachen zu der geistigen Größe und Spannkraft, die ihn auszeichnet und die ihn abhebt von der Welt der Tiere? (…) Jahrtausende
hindurch haben sich die Menschen dunkle Vorstellungen gemacht über den Dämmer ihres eigenen Morgens, und so wie kein Mensch ein Bewußtsein und eine Erinnerung hat an seine eigene Geburt, so hat
auch die Menschheit keine Erinnerung an ihr eigenes Erwachen. (…) Die Menschenaffen erscheinen schon vor 45 Millionen Jahren. Die Gruppe von Gorilla und Schimpanse erwacht gegen 30 Jahrmillionen
vor unserer Zeit. Im jüngsten Tertiär [vor ca. 600000 Jahren] erscheint zum ersten Mal der Mensch, entstehend mit der Gruppe der Menschaffen. (…) Wie ein Wunder ist das Wissen um diese vergangene
Welt in unsere Zeit getreten. Wir haben die Erde aufgegraben und die Plätze gefunden, wo die Menschen der Eiszeit lebten. (…) Die Epoche vor uns kannte nur die Vergangenheit des Menschen aus der
Schrift. Die ältesten Bücher sind Homer und Hesiod und die Bibel. Sie gaben dem Menschen Kraft und Stärke und einen weiten Blick zurück in sonst unbekannte Epochen der Entwicklung der Menschheit.
Aber alle drei Bücher sind im wesentlichen im 8.Jahrhundert v.Chr. entstanden. Sie sprechen von früheren Zeiten, die vor ihrer Abfassung liegen, und die Urerinnerung der Menschen ist in ihnen
lebendig geblieben. In der Mitte des vorigen Jahrhunderts [dem 19.Jhd.] und nach dem Ende zu wachsend begannen die Ausgrabungen, zuerst in Mesopotamien, dann in Troja, Mykenä, Ägypten und Kreta,
und der Blick der Menschheit weitete sich über die Horizonte der großen Bücher hinaus in Welten, die unbekannt und vergangen waren. (…) das Bild, das wir jetzt vorlegen können in der Mitte dieses
Jahrhunderts [des 20.], wird also ein neues Bild sein, aber ein klares, festgefügtes und gesichertes Bild. Wir werden die Mythen bis ins einzelne bestätigen, ergänzen und ersetzen
können...”
Aber fünf Jahre später (1959) macht sich der über 80-jährige Psychiater C.G.Jung (in seiner 1961 erschienenen Autobiographie
"Erinnerungen, Träume, Gedanken") "späte Gedanken", die sich wie eine quasi-religiöse Antwort der "anderen Seite der Medaille" auf Kühns Euphorie lesen:
"Keine Wissenschaft wird je den Mythus ersetzen, und aus keiner Wissenschaft läßt sich ein Mythus machen. (...) Der Mythus ist oder kann zweideutig sein wie das
Orakel von Delphi oder ein Traum. Wir können und sollen weder auf den Gebrauch des Verstandes verzichten, noch sollen wir die Hoffnung aufgeben, daß der Instinkt uns zu Hilfe eile, wobei ein Gott
uns gegen Gott unterstützt, wie schon Hiob es verstanden hat. Alles nämlich, in dem der 'andere Wille' sich ausdrückt, ist vom Menschen geformter Stoff, sein Denken, seine Worte, seine
Bilder und alle seine Beschränktheiten. (...) Wo man aber die Existenz einer unbewußten Psyche zugibt, da können die Projektionsinhalte in angeborene instinktive Formen, die dem
Bewußtsein vorausgehen, rezipiert werden. Dadurch wird ihre Objektivität und Autonomie erhalten und die Inflation vermieden. Die Archetypen, die dem Bewußtsein praeexistent sind und es bedingen,
erscheinen in der Rolle, die sie in Wirklichkeit spielen, nämlich als apriorische Strukturformen des instinktiven Bewußtseinsfundamentes. Sie stellen keineswegs ein An-Sich der
Dinge dar, sondern vielmehr die Formen, in denen sie angeschaut und aufgefaßt werden. Natürlich sind die Archetypen nicht die einzigen Gründe für das Sosein der Anschauungen. Sie begründen nur
den kollektiven Anteil einer Auffassung. (...) Wenn wir daher Gott als Archetyp bezeichnen, so ist über sein eigentliches Wesen nichts ausgesagt. Wir sprechen damit aber die
Anerkennung aus, daß 'Gott' in unserer dem Bewußtsein praeexistenten Seele vorgemerkt ist und daher keineswegs als Erfindung des Bewußtseins gelten kann. Er wird damit nicht nur nicht entfernt
oder aufgehoben, sondern sogar in die Nähe der Erfahrbarkeit gerückt. Letzterer Umstand aber ist insofern nicht unwesentlich, als ein Ding, das keine Erfahrbarkeit besitzt, leicht als
nicht existent verdächtigt werden kann. Dieser Verdacht liegt dermaßen nahe, daß sogenannte Gottesgläubige in meinem Versuch, die primitive unbewußte Seele zu rekonstruieren, ohne
weiteres Atheismus vermuten oder wenn nicht das, dann Gnostizismus, aber ja keine psychische Wirklichkeit, wie das Unbewußte. Wenn dieses überhaupt etwas ist, so
muß es aus entwicklungsgeschichtlichen Vorstufen unserer bewußten Psyche bestehen. (...) So wie der Körper eine anatomische Vorgeschichte von Millionen von Jahren hat, so auch das psychische
System; und wie der moderne Menschenkörper in jedem Teil das Resultat dieser Entwicklung darstellt und überall noch die Vorstufen seiner Gegenwart durchschimmern läßt, so die Psyche. (...) Auf
dieser komplizierten Basis entsteht das Ich und wird von ihr durch das ganze Leben getragen. (...) Ihr gegenüber ist sogar die Außenwelt von sekundärer Bedeutung, denn was soll
sie, wenn mir der endogene Antrieb fehlt, mich ihrer zu bemächtigen?"
Jung glaubt, daß diese psychoide Basis ein archetypisch-autonomer LEBENSTRIEB sei, dessen instinktive Gestaltungskraft das willentliche Ich
wie eine Art INNERER BEFEHL unbewußt energetisch steuert und zu neurotischen Mangelerscheinungen führe, wenn sich das Individuum dieser in ihm wirkenden kollektiven Kraftquelle verweigere.
(...)