"Frederick Spiegelberg vertrat die Theorie, daß die höchste Form von Religion darin besteht, die Religion zu transzendieren. Er nannte sie die Religion der Nichtreligion. (...) Spiegelberg und ich hielten Ideen und Begriffe von Gott sowie fixierte Vorstellungen eines 'rechten Weges' in einer geistlichen Kultur für Formen eines Götzendienstes, der unheilvoller war als jede Menge materieller Bilder und Ikonen. (...) Er ging 1937 nach Amerika, und ich folgte ihm nur ein Jahr später. Bis etwa 1945 unterrichtete er an der Columbia University und am Union Theological Seminary und übersiedelte dann nach Stanford. Ich folgte ihm wieder, als er im Jahre 1951 die American Academy of Asian Studies in San Francisco gründete und mich einlud, Mitglied der Fakultät zu werden. Kurz gesagt, er führte mich an den Ort, wohin mein innerer Kompaß zeigte."
Alan Watts, in: ZEIT ZU LEBEN (1972)
Tom de Toys, 15./16.1.2000
JENSEITS VON GOTT IM 23.JHD. GELANDET !
Jenseits von Religionen, ja sogar gänzlich jenseits sämtlicher metaphysischen Illusionen
gilt mehr denn je die Formel SINNLICHKEIT STATT BESINNLICHKEIT - nicht etwa, um im Fahrwasser der modernen Pseudo-Ekstatisierung des Irdischen mitzuschwimmen, sondern eher im Gegenteil:
Frei vom spekulativen (und neuerdings virtuellen!) Ballast soll der Körper als "lustiger Leib" zu seiner Erweiterten Empfindsamkeit (E2) berufen werden, die genau genommen weit
mehr ist als bloß Gegenteil: Jenseits aller Teile und Antiteilchen, also fern klassischer Dialektik, kann das Sinnliche derart intensiviert werden, daß das
wahrhaftige ausschließliche Ankommen im Organischen dem vermeintlichen "Geist" seinen letzten großen Seinsschock verpaßt: die
quantenmechanische Leere (auch zwischen den neuronalen Synapsen!) bewirkt plötzlich und irreversibel ein UNTERHÖHLEN STATT ÜBERHÖHEN des
scheinbar Harten der angeblich grobstofflichen Ebene: Die Dinge und deren Dinghaftigkeit sind zwar benennbar, doch beinhalten sie viel schwieriger zu benennende (quantenlyrische) Ebenen,
für die noch keine Namen vorhanden sind, weil das Vorhandene bisher nur vor solchen Händen greifbar lag, die sich nach festen Griffen und Begriffen der ersten fünf
Sinne sehnen, um der Autosuggestion von dreidimensionaler Stabilität zu verfallen. Wir drehen den Spieß einfach um: Alles ist zwar greifbar, doch besteht dieses
unheimliche "Alles" aus weit mehr als nur dem, was eine Menschenhand begreift. Das "wissen" auch Fledermäuse und Wale aufgrund ihrer besonderen Sinnesfähigkeiten, die nur uns besonders
erscheinen, weil wir nicht über dieselben verfügen. Und genauso stempeln wir solche Menschen als Sonderlinge ab, die sich durch vermeintlich paranormale Wahrnehmungen auszeichnen. Gönnen wir uns allerdings einmal einen
visionären Sprung in die weitere Zukunft, ahnen wir etwas Ungeheures: eine gesamte Zivilisation beginnt aufzuwachen und die transhumanistische, radikal-positive Chance kollektiver Übermenschlichkeit zu nutzen - bis sogar dahin, daß im Laufe
weniger Generationen neue Sinnesorgane am menschlichen Körper wachsen, weil der sanfte innere Energiewirbel permanent außergewöhnlicher Bewußtseinszustände als reale Information in den jeweiligen
Zellen besonders betroffener Körperpartien allmählich genetisch vererbt wird. Eine beschleunigte phylogenetische Evolution, die in immer früheren Altersstufen immer intensivere Bewußtheit in
immer besser vorbereiteten Nachkommen aufbaut. Kinder werden kleine Buddhas sein, erleuchtete Babys sprechen telepathisch mit "Erwachsenen" durch kristallin blitzenden Augenkontakt, 200-jährige
Greise laufen Marathon und forschen an genialen neuen Errungenschaften statt senil zu werden. Und das alles wegen der einen entscheidenden Veränderung: das große Ja des Existenten zu seiner eigenen Existenz aktiviert die verborgenen Kapazitäten, kein Lied
schläft in den Dingen mehr sondern die Liebe erwacht in ihnen. Und der Mensch nimmt eine neue Haltung ein, die ihn zugleich
unendlich öffnet und dabei für zweckmäßige Unterschiede sensibilisiert, um sich mehrdimensional auszutauschen ohne fahrlässige Vermischungen romantisch aufzubauschen. Liebe
als spiritueller Energieerhaltungssatz bei fortlaufenden Verwandlungsprozessen. Das wäre schön, sehr schön...