"Das präsentomatische du geschieht automatisch aus der totalen ich-leere. DAS AUTOMATISCHE DU. Das besitzlose leben des freien geistes. Erfüllte seelenlosigkeit, permanentes jetzt. Die
überwindung der religiösen dissoziation! Das ankommen in der leeren mitte. Die offenheit. Das schweben im leeren flussbett. (...) Menschen erfinden die liebe, indem sie sich lieben. Darunter
wohnt das geheimnis, warum wir überhaupt da sind: weil die materie an sich IST. Der Begriff von "materie" enthält allerdings ihre eigene leere, ihr nichtsein. Kein urknall vonnöten. Alles in
ewiger bewegung. Energie ist nur ein schönes wort für religiöse. Wer worte für "leben" gebraucht, sollte substantive vermeiden. Sie sind nur die letzten symbole, bevor wir den tempel der
sprachlosigkeit betreten."
De Toys, 23.7.+27.9.2014 in: sOMatoform 83+88
"ICHFREI, GOTTFREI, OBJEKTFREI" &
"BLOCKADEN UND BERUFSFINDUNG"
(publiziert in: MEHR JETZT, 2014)
Tom de Toys, 24.10.2014, 3.Platz c/o 1.Düsseldorfer "Philosophy Slam"
im "Haus der Universität" am Schadowplatz zum Thema:
"WIE VIEL FREIHEIT HAT DER MENSCH?" (10 Redner & 1 Musiker)
S U B S T A N T I V I E R U N G S N E U R O S
E
(VARIATION ZUR "KRITIK DER URSCHIZOPHRENEN OBJEKTKULTUR")
- TRANSSKRIPTION DES IMPROVISIERTEN VORTRAGS -
ja, ich kann mich dem redner nur anschließen. also dem redner hier zu meiner seite [saxophonist]. ich habe ein großes problem mit der frage, die heute abend im raum
steht. von daher ist es ein bißchen schrecklich, daß ich anfangen muß. ich finde unsere frage finde ich ganz fürchterlich. ich kann die so nicht beantworten. also ich könnte natürlich viel
darüber sagen, aber ich kann sie eigentlich nicht beantworten, weil ich meine, sie ist falsch gestellt. wenn man ihm [saxophonist] zum beispiel zuhört, dann hört man zum beispiel keine
substantive. man hört ja klänge, man hört ja töne. oder hören sie substantive? nein? hat jemand ein substantiv gehört? sie schauen mich alle so entgeistert an! also, man hört keine substantive.
wir haben eine frage für heute abend, wo schon glaube ich mindestens zwei substantive drin sind. ja, es sind glaube ich zwei: die freiheit und der mensch. und ich frage mich, wie man diese frage
umformulieren könnte, daß keine substantive da drin vorkommen. denn ich finde, daß wir an einer, sagen wir mal so, an einer zwanghaften substantivierungsneurose leiden. ja. also wir spalten
unsere seelischen befindlichkeiten nach außen ab, produzieren geistige objekte in form von sprachlichen symbolen und dann fragen wir uns auf einmal: WAS IST DAS? das war ehemals eine empfindung
in uns und auf einmal sind es nicht mehr empfindungen, also zum beispiel, wie frei fühlen sie sich? oder: wie frei fühlen sie sich, wenn sie da auf dem stuhl sitzen? eingequetscht zwischen zwei
nachbarn, die stören sie womöglich und sie können sich nicht konzentrieren. sie haben keine BEINFREIHEIT. auch so ein schönes wort. beinfreiheit. haben sie beinfreiheit? gibt es genug
beinfreiheit? ja, also da sieht man schon, die freiheit die hat auch verwandte, die schon ein bißchen konkreter werden. das sind dann substantive, die sind vielleicht schon sinnlicher natur, so
wie der apfel, der baum und die zahnbürste. und ich weiß nicht, was alles. das kopftuch. die brille. das sind ja alles sinnliche substantive. die haben noch was mit unserer sinnlichen
wahrnehmung, mit unserem bewußtsein zu tun. da können wir etwas greifen. wir können die brille können wir SEHEN. wir können das kopftuch SEHEN. wir können die beinfreiheit sogar SPÜREN oder auch
nicht spüren. aber die freiheit an sich, dieser begriff, das ist ja, das stammt ja alles aus der idealistischen tradition, nicht wahr. das sind ja alles große begriffe, die haben überhaupt keine
inhalte. Die sind ja leer. Die sind leer wie ein glas ohne wasser. stellen sie sich mal vor: ein begriff ist ein glas ohne wasser. und jetzt kommt jemand daher und fragt sie: "wie schmeckt das
denn da, was da in dem glas drin ist?" und da ist überhaupt gar nichts drin! so ist das nämlich mit den begriffen. was ist denn die freiheit? das macht einen doch wahnsinnig! das kann man gar
nicht beantworten. sie können beantworten, wie viel beinfreiheit sie haben, im besten fall. aber DIE freiheit und dann DER mensch - der mensch an sich: hier sitzen so viele menschen! jeder
einzelne mensch hat hier eine andere beinfreiheit. der mensch an sich HAT keine freiheit. da haben wir das noch mit dem HABEN. geistige objekte, die wir haben wollen. wir haben dieses leere glas
wasser, und dann wollen wir wissen, wie es schmeckt. das ist wie ein koan. kennen sie koans aus dem zen-buddhismus? wie klingt das klatschen deiner linken hand, ja, kennen sie vielleicht dieses
beispiel. sie kennen das klatschen. wie klingt das klatschen der linken hand? das sind diese zen-sprüche, die man nicht knacken kann. unsere frage kann man nicht knacken. weil das sind leere,
hohle substantive. wenn er [saxophonist] so spielen würde, daß man substantive hören würde, dann würde man NICHTS hören. da wär' kein jazz, da wär' keine musik, da wär' gar nichts. diese
substantivierungsneurose, ja, die, meine ich, die sollten wir überwinden und wieder zurückkehren zu dieser ursprünglichen seelischen empfindung, die jeder in sich hat. wobei ich will jetzt gar
nicht über die seele diskutieren, das macht das ganze noch schwieriger. da haben wir nämlich wieder so ein substantiv. die SEELE, die LIEBE, FRIEDEN, GOTT, das EGO, ICH, die MITTE, bei den
esoterikern heißt das dann die große ENERGIE. ja, das sind alles solche substantive. da steckt überhaupt nichts dahinter. von innen fühlen, das ist meine devise. ich würde zum beispiel sagen,
statt der frage, wie viel freiheit hat der mensch, könnte man sagen: "wie fühlst du dich hier und jetzt in diesem moment?" dann haben wir einen konkreten menschen. dann haben wir das substantiv
haben wir zu einem verb umgewandelt, ein tätigkeitswort. dann sind wir wieder in der aktion drin. dann sind wir auch bei der postmoderne schon angekommen. die postmoderne hat ja versucht, das
denken in die bewegung zu bringen. / was war DAS denn? was, ich bin schon am ende, oder was? dann ist das halt schon der schlußsatz: die postmoderne hat das denken in bewegung gebracht. [OFF:
"waren das schon fünf minuten?" "anscheinend."]