"Das Düsseldorfer Dichtermonster –
meist steigert er sich in einen rauschhaften Zustand
Der Bewußtseinspionier möchte mit seiner Kunst
jede Art von Religion überwinden."
FAZ 9.9.1997 (Nr.209, S.57) über De Toys
"Die Logik der Aufteilung menschlichen Seins in Kategorien und Fächer dient nur dazu, unsere Zweifel an unserer Ganzheit zu verstärken und uns unsicher zu machen. Unsere Ganzheit aber gründet auf dem, was uns unser Gefühl und unser Herz sagen. Die Sprache des Herzens kommt aus den tiefen Bedürfnissen nach Liebe und Wärme, die man sowohl geben als auch empfangen möchte. Unsere Zivilisation aber hat uns ängstlich gemacht und versetzt uns in Scham, wenn wir uns verwundbar fühlen."
Arno Gruen, in: DER WAHNSINN DER NORMALITÄT (1987)
"Man wird so lange keine angemessene Gesamtauffassung der Wirklichkeit besitzen, als man nicht erklären kann, auf welche Weise
eine Vielzahl physikalischer Elemente, sofern sie auf die richtige Weise zusammenkommen, nicht allein einen funktionsfähigen biologischen Organismus bildet, sondern darüber hinaus ein bewusstes
Wesen. Könnte man das Bewusstsein selbst mit irgendeinem physikalischen Zustand identifizieren, so hätte man freie Bahn für eine vereinheitlichte physikalische Theorie von Geist und Körper, und
daher vielleicht auch für eine physikalische Einheitswissenschaft vom Universum."
Thomas Nagel, in: WAS BEDEUTET DAS ALLES? (1987)
KLEINE ANMERKUNG DES AUTORS: Mit diesem Gedicht ging ich nun mehrere Monate schwanger, ohne die Worte konkret zu empfangen. Ich spürte nur seine Botschaft und daß ich bei jedem Versuch, seine genauen Formulierungen zu entdecken, VERSAGTE, so daß ich nur warten und hoffen konnte, es würde sich selbst eines Tages gebären. Nun ist es tatsächlich für mich völlig überraschend inmitten der Nacht in einem Rutsch über mich gekommen bzw aus mir heraus gepurzelt, ich war bereits eingeschlafen und wurde vom Hungergefühl wieder wach, denn ich hatte das Abendessen vor lauter Erschöpfung vergessen und war nach der Arbeit direkt ins Bett gefallen. Der Titel ist eine Anspielung auf Rilkes "Duineser Elegien" und die Online-Position unter der Berlin-Hommage "LEGENDE" versteht sich von selbst :-) VIEL SPAß BEIM LESEN! De Toys - Eller Süd, den 30.1.2014
"Jedwede Form ist in Wirklichkeit eine Bewegung, und jede lebende Sache ist wie der Fluß, der, würde er nicht irgendwo ausströmen, nie imstande wäre, einzuströmen. Leben und Tod sind nicht einander entgegengesetzte Kräfte; es sind lediglich zwei verschiedene Arten, die gleiche Kraft zu sehen, denn die Bewegung des Wechsels ist ebenso aufbauend wie zerstörend. Der menschliche Körper lebt, weil er ein Gefüge von Bewegungen ist, von Kreislauf, Atmung und Verdauung. Zu versuchen, dem Wechsel zu widerstehen, sich ans Leben zu klammern, ist daher so, als ob du den Atem anhieltest." Alan Watts, in: WEISHEIT DES UNGESICHERTEN LEBENS
(1951, aus dem 3.Kapitel 'Der große Strom')
"Die Vollkommenheit im Nutzlosen ist, wohlverstanden, die Schönheit. (...) der Künstler bedarf einer unassimilierbaren Materie, weil Schönheit sich nicht in
Ideen auflöst; (...) wenn er die Wüste oder den jungfräulichen Wald dem Geiste einverleiben will, dann geschieht das nicht, indem er sie in Vorstellungen von Wüste und von Wald verwandelt,
sondern indem er das Sein eben als Sein aufleuchten läßt - mit seiner Dichte, mit seinem inneren Widerspruch durch die unerklärte Urspünglichkeit der Existenz. (...) da der Bürger zu den
natürlichen Mächten nur durch Mittelspersonen eine Beziehung hat, da die materielle Wirklichkeit ihm in der Form von gewerblichen Erzeugnissen erscheint, da er unabsehbar weit von einer bereits
vermenschlichten Welt umgeben ist, die ihm sein eigenes Bild wiederspiegelt, da er sich darauf beschränkt, an der Oberfläche der Dinge die Bedeutungen abzulesen, die andere ihnen beigelegt haben,
da seine Aufgabe im wesentlichen darauf beschränkt ist, abstrakte Symbole, Wörter, Chiffren, Schemata und Diagramme abzutasten, ... hat er sich davon überzeugt, daß das Universum auf ein System
von Ideen zurückzuführen sei; (...) Aber die Literatur ist damit tot."
Jean-Paul Sartre, in: WAS IST LITERATUR? (1950)
Tom de Toys, 29./30.1.2014
DÜSSELDORFER ELEGIE
dieses gedicht richtet sich
weder an selbstmörder noch sublimationskünstler
es dient nicht der verdrängung
vertuschung verharmlosung von tatsachen
in ihm passiert keine ablenkung vom eigentlichen
die literatur hat hier nicht mehr das ziel
auf einem poetisierten niveau zu unterhalten
die unterhaltung ist hiermit zuende
das ende der poesie kennt keine grenzen
die realität sieht dramatischer aus
als der radikalste text
das jahrtausend der religionen ist überstanden
der historische wahn der epochen museumsreif
die symbole der freizeitkulturen anachronistisch
das herz schlägt nicht mehr für eine große sache
sondern nur WEIL ES SCHLÄGT
das gehirn neuroniert nicht mit abstraktionen
sondern nur alternativen und
alternativen sind ausverkauft
die produktion wurde eingestellt
die fabriken gesprengt
auf den kratern wachsen gänseblümchen
niemand pflückt blumen
die vasen bleiben leer
rote rosen verwelken an ihrem natürlichen ort
und die menschen verschwinden
nachdem sie geboren wurden
mal früher mal später
mal durch einen unglücklichen umstand
einen dummen zufall oder
erst wenn sie alt und gebrechlich sind aber
verschwinden tun sie alle nachdem sie
ein paar überflüssige worte wechselten
einige echtzeitereignisse miterfanden
das ein oder andere schicksal erlitten
und sich nicht fragten
WOZU DAS DENN GUT SEI
warum es die wirklichkeit gibt und
weshalb wir noch immer
das halbe leben verschlafen
die andere hälfte verträumen und
hoffen im jenseitigen licht aufzuwachen
während DIE SONNE SCHEINT und
die dinge beleuchtet
die wir hinundher bewegen
solange die lebenszeit reicht
die bewegung ist trivialisiert
eine echte bewegung braucht eine idee
eine idee braucht fanatiker
die daran glauben
ICH GLAUBE NICHT MEHR SONDERN ICH SPÜRE
das dasein
in seiner banalsten geheimnislosigkeit
und empfinde die kostbaren sekunden
der anwesenheit als exakt das was sie sind
nämlich ANWESENHEIT
ohne verschnörkelung ohne zusatzstoffe
die dinge sind dinge das ganze das ganze
ich sitze ich liege ich laufe ich stehe
ich tue ein paar wenige dinge
danach tue ich andere dinge und dann
schaue ich menschen zu wie sie
aus meinen dingen ihre dinge erschaffen
aus denen ich wiederum meine schaffe
die ganze erschaffung von lebenswelt
aus dem geiste der großen gebärden
und in dieser welt halten wir uns
einige zeit über wasser
wir halten uns auf
wo die hände schon selbstgebaute und
selbstgewählte haltegriffe ergreifen und
halten uns aus
wenn wir die hände schütteln und
denken nicht nach
über die tagtägliche langeweile
das leben der abenteuerlosen
zwangsläufigkeit aller abläufe
in die alles irgendwie mit verwickelt ist
ohne sich selber darüber bewußt zu sein
daß alles IST und nicht anders kann
als so SELBST zu sein wie alles andere
mag es mineral oder mensch heißen
atom oder automobil pelikan oder plastik
metall oder maulwurf gebüsch oder gebäude
die dinge sind allesamt an dem platz
wo sie hingehören sie hören einander zu
wie sie atmen rauschen knirschen
knacken rascheln zischen brummen flattern
was wenn jedes ding erkennen würde
daß es IST und
nicht aus seiner haut entweichen kann
der fels empfände plötzlich sein gewicht
und wie die brandung ihn umspült und
müßte dort am strand verharren
weil er keine beine hat
der strauch wird sich der dornen bewußt
und wie der wind die äste wiegt und
stände da inmitten der prärie und
wüßte nicht warum das universum sowas braucht
der ganze blaue erdenball treibt
durch die kalte schwarze leere um die sonne
und die sonne hätte ein gefühl für ihr verglühen
der planet ein selbstbewußtsein für
die atmosphäre
alles würde sich beim namen nennen
und bestätigen ES IST DAS SEIENDE
das unfassbare ganze das
um sich bescheid weiß
"In der Dichtung sind die phantastischsten Aussagen über das Unwirkliche, das jenseits unseres Wissens Liegende möglich. Alles ist vergänglich. Wir, jede und jeder von uns, sind keine substanzielle Wesenheit, sondern eine Art Flamme. Eine Flamme ist ein Strom heißen Gases, wie ein Wirbel in einem Fluss, immer sich bewegend, immer sich verändernd, und doch scheint es immer die gleiche zu sein. Jeder von uns ist ein Fließen, und wenn man diesem Fließen widersteht, wird man verrückt. Man ist dann wie jemand, der mit der Hand krampfhaft Wasser festhalten will - je stärker er klammert, desto rascher schlüpft es ihm durch die Finger. So kommt im Leben alles darauf an, sich an nichts zu hängen, sondern alles loszulassen." Alan Watts, entnommen aus der Nachschrift
seines letzten Seminars "SPIELEN UND ÜBERLEBEN" (1973),
veröffentlicht in: LEBEN IST JETZT (THE WAY OF LIBERATION),
Hrsg. von Mark Watts (1983)