Nicht nur der restaurierte Graben der Jülicher ZITADELLE ist (neben dem einzig erhaltenen Stadttor, dem "Hexenturm") als Grünanlage eine meditative Attraktion der berühmten rheinisch-römischen Kleinstadt, die bereits im Kinofilm "23" verewigt wurde (weil sich ein Hacker angeblich ins Kernforschungszentrum einloggte, in dem mittlerweile ein Nobelpreisträger der Physik residiert: Grünberg, ohne dessen Entdeckung ich nicht an meinem Mini-Notebook arbeiten könnte), sondern auch die inzwischen abgerissenen Antennen der Deutschen Welle (siehe die 3 historischen Fotos vom 30.12.2008) auf der Merscher Höhe hinterm Nordviertel, wo sich die fruchtbare "Jülicher Börde" erstreckt, die viele noch aus dem Erdkunde-Unterricht in der Schule kennen. Anfang März 2011 wirkte das Feld der ehemaligen Antennen-Anlage wie ein "zerbombtes Stonehenge": riesige Steine (vermutlich die Beschwerer der Antennen-Sockel) lagen noch haufenweise verstreut über das gesamte Feld, sogar ein Warnschild (für Benutzer von Herzschrittmachern) mit dem Spruch "ACHTUNG HOCHSPANNUNG: LEBENSGEFAHR!" fand sich noch am morschen Holzzaun. Nur die legendären roten Lichter, die wie Sterne im Himmel über dem Hügel leuchteten, fehlen jetzt: Die Antennen wirkten nachts wie Weihnachtstannen - oder wie eine außerirdische Invasion...
Tom de Toys, 18./19.2.1996
KARNEVAL IN DOITSCHLAND
(100 JAHRE B[R]ETON)
alle sind lustig
nur einmal im jahr
und vergessen vier tage
was morgen war
soweit so gut
das ist das klischee
doch wer verrät mir
was ich nicht versteh
hinter all den vertauschten
masken und rollen
stecken menschen wie ich
die extase wollen
warum frönen die meisten
dem alltäglichen krieg
und verzichten dabei
auf den echten sieg
über haß und gewalt
über schock und steine
erhebt sich der bürger
nicht gerne alleine
es wird lieber gewartet
auf neue gesetze
um sich zu laben
an der legalen hetze
in geistergewändern
mit drogen und lärm
fällt unseren schändern
das lachen nicht schwer
wie sie stampfen und brüllen
die wüste entfachen
als fatamorgana
hinterm verfolger her
der sich durch häuser-
schluchten entfernt
um den schwänen
beim kopfstand im eis
zu lauschen
seine gefühle aufzubauschen
kein übliches bild
zu beschwören
unter zerrenden wolken
auf sprechenden bänken
zwischen glühender erde
und luftknochenbergen
den körper mit auflösungs-
gebärden streicheln
formlose gegenstände
mit nasenflügeln
zerschneiden heraus-
tropfende leere wie
spiegelndes kaugummi
ausleuchten bis
das wachsende flutlicht
quer durch kosmische
dickdärme notdürftig
gefesselter überraschungs-
effekte unterernährter
leitplanken zahlungs-
unfähiger krampf-
adersicherheitsbrand-
tütenschneisenbeerdigungs-
schildergerinnungsweih-
rauchentlähmungszu-
standsverflüchtigungsü-
berraschungseffektnach-
richten mit allen
endungen auf
ung denn
alle sind lustig
nur einmal im jahr
und vergessen vier tage
was morgen war
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