Meine Zeit als Taxi-Chauffeur 2012/2013 unter Pseudonym

T. de T. alias Freiherr von Freifahren

Tagebuch als Buchprojekt: "RU[H]R RÄTSEL (Meine Zeit als Taxi-Chauffeur 2012-2013)" inkl. 2 topaktueller Gedichte, ca. 96 Seiten, ca.13€, BoD Verlag, April 2021, ISBN 9783753442013

Unter dem Pseudonym "Freiherr von Freifahren" schrieb Tom de Toys während der Ausbildung zum Taxichauffeur 2012-2013 ein Internet-Tagebuchblog über das erlernte Stadtwissen, das danach in seiner kurzen Zeit auf der Straße in Taxilyrik mündete. Aufgrund gesundheitlicher Probleme musste er aber bereits nach einem Monat kündigen, weil ihm das stundenlange Sitzen nicht möglich war, ohne Schmerzsymptome zu provozieren, die zu Verkehrsuntüchtigkeit führ-ten. Inzwischen hat er seinen zweiten Traumjob gefunden und ist eine zertifizierte Betreuungskraft für Senioren im Pflegeheim, wo der hart erarbeitete "Personenbeförderungsschein" doch noch von Nutzen ist...

Ich wohne in Düsseldoof "Eller Süd", das gar kein echter Stadtteil ist, sondern nur eine Sbahn-Haltestelle mit einem trostlosen namenlosen P+R-Platz im Taxi-Sektor 413. Taxifahrer sind zwar keine Übermenschen, aber dafür respektvolle Chauffeure, die ihrem Fahrgast weder die einfachste noch die schnellste Strecke anbieten, sondern ihn auf die günstigste aufmerksam machen! Apropos Übermensch: Wussten Sie, daß es in Düsseldorf weder einen Nietzscheplatz noch eine Nietzschestraße gibt? Selbst Mettmann und Köln haben eine Nietzschestraße und ein Stadtteil von Essen heißt sogar Überruhr-Holthausen, während der in Düsseldorf nur Holthausen ohne Überrhein heißt. Auch einen Napoleonplatz hat Düsseldorf nicht, obwohl der bei uns für die sorgfältige Durchnummerierung der Häuser sorgte. Stattdessen beansprucht der Regierungsbezirk Düsseldorf mehrere Städte des Ruhrgebiets, dessen namensgebender Fluss in den Rhein abfließt, so daß er in Holland mit der Rur ohne h fusioniert, die von Jülich kommt, wo ich geboren bin, und sich über die Maas ebenfalls mit dem Rhein verbündet. Ich bin also von Geburt an gewissermaßen nicht nur Rheinländer sondern vorallem Rur- und Ruhrländer, aber wohne in einer Stadt, die nicht zum Ruhrgebiet zählt, obwohl dessen westlichster Kreis am Rhein liegt. Warum heißt NRW eigentlich nicht Nordru(h)r-Westfalen? Immerhin gibt es ganz in der Nähe des geografischen Mittelpunkts vom Ruhrgebiet eine Eisdiele, die ich noch aus meiner Kindheit von den Besuchen bei "Oma Wanne" kenne – und nach einem Whisky-Eis (bei Pia nahe der Heine-Allee) werden meine Argumente immer nostalgischer und dadaistischer, weil ich mich wie ein Kind darüber freue, daß der Pandemie-Lockdown nicht nur für Lockenwickler gelockert wurde...

 

Tom de Toys, den 11.3.2021

 

"Verarmt nicht eine Gesellschaft, die den dünnhäutigsten ihrer Mitglieder nicht mehr zuhört? Jenen, denen das selbstverständliche Leben unerträglich ist, die verrückt werden über Zynismus, Selbstzufriedenheit und Grausamkeit?"

Julia Friedrichs, in: WAREN DIE HEILIGEN VERRÜCKT?

(27.3.2013, Zeitmagazin Nr.14)

 

 

Das allererste echte Taxigedicht in Kombination mit dem

TAXITRIP-TAGEBUCH-BLOG-Eintrag vom 28.3.2013:

 

Freiherr von Freifahren
FF-Nr.01, 28./29.3.2013

JETZTSTRAßENNETZ

jedes auto schaut
nur noch nach vorne
zum endlosen horizont
und verschlingt ganze
straßenzüge auf seiner route
von a nach xy von unendlich
nach unendlich von einem
nullpunkt zum nächsten
der ganze verkehr spuckt
alle ampeln in diesen abgrund
hinter der letzten kurve
jede straße sagt JETZT
und meint doch schon das
gestrige baustellenchaos der
schlund der vergangenheit tanzt
durch die dunkle nacht wie
ein niagarafall schäumt die
geschwindigkeit in den
lichtpunkten im rückspiegel
die sterne verjüngen sich
auf der erde wie faule äpfel
du stirbst wie du lebst und
du lebst wie du denkst doch
du denkst nicht mehr nach
seit dir das fühlen verboten
wurde das fahren ist leichter
als sich im stillstand zu
spüren der schmerz über

das ständige sterben der
gegenwart ist so groß daß
ich schreien könnte wenn
ich nicht wüßte daß hinter
der kurve die nächste
gegenwart lauert solange
ich atme solange ich sehe
was sich vor meinen augen
bewegt ist das leben ein
kinofilm mit superhelden
aus den eigenen reihen
bis wir verschwinden und
andere nach uns kommen

die wieder verkehr spielen
und dafür sorgen daß kinder
vom aussterben nicht so
bedroht sind wie unsere
seele an sich die wir gut
leugnen können weil sie ja
noch nicht beweisbar ist
wie der gott den es gibt
weil wir in einer bestimmten
region des gehirns an ihn
glauben ich glaube an meine
seele in einem organ das
die wissenschaft noch nicht
kennt dieses organ ist ein
loch in den zellen durch das
die geschwindigkeit aller
gegenwarten hindurchpfeift
als sei hier die windstille
mitte eines geisterorkans
und ich spiele querflöte

auf meinen hohlen knochen

für diese befreite antiseele
ich tanze und jubiliere
und rufe dir zu daß ich
dich LIEBE bis es uns nicht
mehr gibt oh mein schatz
meine liebste meine göttin
oh ja lass uns lieben
solange wir leben der
abgrund pirscht sich
immer schneller von
hinten an uns heran
und er schäumt und
verschlingt uns
je schneller
wir fahren

 

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G&GN-INSTITUT - Das

Institut für Ganz & GarNix

seit 1998 online und seit 16.2.2011 zu Gast bei: