"Der echte innere Zeuge ist niemand,
er ist reine Beobachtung dessen, was geschieht."
Wolf Schneider, in:
KLEINES LEXIKON ESOTERISCHER IRRTÜMER (2008)
"Im Hintergrund Ihres Geistes befindet sich immer noch die kümmerliche Ich-Vorstellung und das Gefühl chronischer Anspannung, das sich nicht lösen will und das die Grundlage des Ich-Gefühls ist. (...) Solange Sie glauben, Sie glichen dem Bild, das Sie von sich selbst haben, und Sie könnten Ihre Gedanken und Gefühle nach Belieben steuern, verfallen Sie immer wieder in die Gewohnheit, Ihre Muskeln anzuspannen, um die Kontrolle über sich zu behalten, und deshalb verfallen Sie auch immer wieder der Illusion des Ich." Alan Watts, in:
ZEN - STILLE DES GEISTES (2000, hrsg. von Mark Watts)
"Hier steht die Erfahrung des Selbst und des spirituellen Willens im Mittelpunkt, und dies unterscheidet sie vom Transpersonalen darin, daß es bei dieser Erfahrung keinen Inhalt gibt. Das Selbst, dieses "inhaltslose Wesen", "Sosein", die "kreative Leere", der "Große Geist" und welche Namen dem Namenlosen immer gegeben werden, wird als Kontext und Führungsprinzip für Psyche und Persönlichkeit gesehen. Während die Psyche Inhalt hat und die Persönlichkeit Struktur, ist das Selbst reines Sein, das die beiden anderen nährt, so wie die Sonne die Atmosphäre und die Erde nährt. Das Selbst ist nicht überbewußt, es ist nicht einmal die Seele, die die Erfahrung des Selbst und der Psyche zusammengenommen ist, sondern es ist eine Energie, die das gesamte Lebenssystem durchdringt und diesem System Zusammenhang gibt." Thomas Yeomans, in:
DIE DREI DIMENSIONEN DER PSYCHOSYNTHESE (1988)
"Freuds Metaphorik treibt den Leser von den augenblicksbezogenen Reaktionen der Chemie zu den zeitbezogenen Welten der Geschichte und der Archäologie: Das Ich
ist sowohl ein punktuelles Ziel wie ein Prozeß. Es ist eine in sich geschlossene Struktur im Hier und Jetzt, rekapituliert indes endlos seine eigene Vergangenheit. Doch diese doppelte
Beschreibung des Ich soll nicht einfach seiner integrativen Macht oder der zentralen Stellung des Systems Wahrnehmung-Bewußtsein im Seelenleben Tribut zollen. Denn auch das Es und das Über-Ich
sind Niederschläge; auch sie sind augenblicksbezogene Strukturen, deren Spuren sich durch die Zeit zurückverfolgen lassen. Und der Druck, unter den sie das Ich setzen, ist um so heimtückischer,
als sie selbst aus dessen abgelegten oder unkenntlich gewordenen Präexistenzen gebildet wurden."
Malcolm Bowie, in: LACAN (1991)
Als Vorbereitung auf meinen THERAPIETRIP (dokumentiert im Tagebuch "MEHR JETZT") diente die "ketzerische" Versuch, die Methode der PSYCHOSYNTHESE (gemäß Roberto Assagioli) nach mehreren Monaten Selbsterfahrung antiprosaisch zu durchleuchten, um mich selbstkritisch zu fragen, inwiefern ich überhaupt selbstverantwortlich offen mit dieser wundervollen Methode umgehe (die meinem "fantasiereichen" Vorstellungsvermögen eigentlich hundertprozentig entspricht) oder sie durch das metaskeptische Denken fahrlässig unterlaufe. Denn dann wäre die (vielleicht paradoxe) Frage, ob dieselbe Methode der archetypisch isolierten Imaginationen auch zur Heilung von eben diesem abstrakt kontra-emotionalen Blockade-Zustand beitragen kann oder sich selbst ad absurdum führt, wenn keine Verbindung zwischen Bildern und Gefühlen hergestellt werden kann, weil sich dahinter liegende Traumata zu einer neurotisch "perfekt" funktionierenden Persönlichkeitsstörung verfestigt haben, die keine Durchlässigkeit mehr erlaubt, wo die Tränen zu schmerzhaft wären, um nicht daran zu zerbrechen (oder in eine Psychose abzurutschen?). Aber dann dient sie tatsächlich als grandiose Vorbereitung auf eine klinische Crashkurs-Therapie, in der sich das ängstliche Ich Schritt für Schritt traut, durch die bereits zutage beförderten (aus dem Seelensumpf ins Bewußtsein gehobenen) Bilder hindurch zu steigen, um mit seiner EXISTENZIELLEN SEHNSUCHT NACH SEINEM EIGENEN SCHMERZFREI AUTHENTISCHEN LEBEN den verdängten Schmerz auf der anderen (direkt-emotionalen) Seite der Erinnerung aufzuwecken und konkret körperlich zu bewältigen. Das überaus spannende (und zen-meisterlich GEDULD fordernde) daran ist, daß sich hinter jedem einzelnen Bild wieder weitere kybernetisch hervorsprudelnde Bilder entwickeln können, ohne das bildhafte Rätsel des symbolisierten Problems notgedrungenerweise zu entschlüsseln (erst wenn die Not keinen Fluchtweg mehr sucht, und das hat leider sehr viel mit Gnade zu tun, nicht nur mit Wille, denn der trickst sich immerfort gerne selbst aus!) - eine "schlimmstenfalls" (d.h. untherapierbare?) asymptotische Endloskette, die nur überwunden wird, wenn irgendeins aus dem Psychopool sämtlicher Bilder als völlig beliebige Urfantasie bildbefreit GEFÜHLT STATT NUR GESEHEN werden kann, denn nur genau dann und dort (an einer fast willkürlichen Stelle des inneren Kinos!) beginnt dieser heilsame Zusammenbruch des Kartenhauses, auf dessen Karten nur die Zahl "Unendlichkeit" mitsamt der gesichtslosen Allegorie der Urfantasie als leuchtende Figur steht: auf allen Karten dieselbe Darstellung mit derselben Überzahl! Doch bei einer beliebigen Karte beginnt die Figur plötzlich zu leuchten und durchscheinend zu werden, dort beginnt die Überwindung des Sprachlichen und Bildhaften zugunsten der reinen, verdrängten Emotion! Daraus folgt, daß gemäß des psychosynthetischen Ansatzes auch die Bildergeschichte des "Metaskeptizismus" nur das "urängstliche" Sprachrohr eines ganz bestimmten sublimierten Ich-Anteils darstellt, der Angst davor hat, sich in die GESAMTE LEERE PERSON (DAS UREIGENTLICHE SELBST) integrieren zu lassen, weil diese "Rückkehr ins Tiefenorganische" alle narzißtischen Sicherheiten des hypertrophierten Intellekts in ein schockierendes Wohlgefallen ohne wohlsortierte Gefälligkeiten sondern permanentes GeGENwartsRAUSCHen auflöst...
"Dieser vermeintliche Halbgott, der mit der Bewegung eines Fingers große elektrische Kräfte kontrolliert und die Luft mit Klängen und Bildern für die
Unterhaltung von Millionen überflutet, würde als unfähig erkannt werden, mit seinen eigenen Gefühlen, Impulsen und Begierden fertig zu werden. (...) Das Übel liegt nicht in den technologischen
Kräften selbst, sondern darin, wie der Mensch sie einsetzt, und daß er ihnen erlaubt, ihn zu überwältigen und zu versklaven. Den überwiegend negativen Trends des modernen Lebens zu widerstehen,
erfordert viel Zielstrebigkeit, Entschlossenheit und Ausdauer, viel klare Sicht und Weisheit."
Roberto Assagioli, in: DIE SCHULUNG DES WILLENS (1972)
"Jedes Zeitalter außer dem unseren hatte sein Modell, sein Ideal. Unsere Kultur hat sie alle aufgegeben: den
Heiligen, den Helden, den Gentleman, den Ritter, den Mystiker. Alles, was uns geblieben ist, ist der gut angepaßte Mensch ohne Probleme, ein sehr blasser und zweifelhafter
Ersatz. (...) Vielleicht sind Anpassung und Stabilität - obwohl gut, weil sie Schmerz beseitigen - insofern schlecht, als mit ihnen jede Entwicklung zu einem höheren Ideal aufhört? (...)
Bedeutet Gesundheit, frei von Symptomen zu sein? Ich leugne es. Wer unter den Nazis in Auschwitz oder Dachau war gesund? (...) War es für einen zutiefst humanen Menschen möglich, nicht Konflikt,
Leiden, Depression, Wut usw. zu verspüren? (...) Es scheint ziemlich klar zu sein, daß Persönlichkeitsprobleme manchmal laute Proteste gegen das Brechen der eigenen psychologischen
Knochen, gegen die Zerstörung der eigenen wahren inneren Natur sein können. Krank ist dann, NICHT dagegen zu protestieren, während dieses Verbrechen begangen wird."
Abraham A. Maslow, in: PSYCHOLOGIE DES SEINS (1968)
Tom de Toys, 25.8.2010 (9-14 Uhr: Rede)
& 1.9.2010 (9-11 Uhr: Rahmen)
DIE GLÄSERNE QUAL(LE) DER SELBSTERKENNTNIS
(PSYCHOSYNTHETISCHER METASKEPTIZISMUß)
Eonanda schlenderte durch den leise
erwachenden Wald in Richtung Strand, die taufrische Morgenluft tief einatmend, und versuchte, all die einander widersprechenden Gedanken zu sortieren, die er in den verstaubten Büchern der
Hotelbibliothek gefunden hatte. Mal wieder war er mitten in der Nacht aus einem Traum aufgeschreckt, der ihn seit frühester Kindheit verfolgte. Darin verriet er den anderen Kindern, daß er nur
träumte und daher jederzeit aus dem Spiel wieder verschwinden könne. Die Kinder starrten ihn jedesmal ungläubig an und rannten nach einer Weile verängstigt weg. Aber dieses Mal war eines
stehengeblieben und hatte mit großen verwunderten Augen gefragt: "WIE MACHST DU DAS?" Nachdem er im Traum unfähig war zu erklären, wie es ihm möglich ist, zwischen zwei
Welten zu pendeln, schlich er sich über die leeren Hotelflure in den Gedächtnissalon und griff willkürlich ein Buch nach dem anderen aus den hohen Regalwänden. Instinktiv öffnete er jedes Buch
auf einer Seite, die sich spontan für die Finger am besten anfühlte, und hatte nach nur einer einzigen Stunde ein gigantisches Mosaik aus Zitaten im Kopf, die die Frage nach der EXISTENZ AN SICH
von allen philosophischen Seiten beleuchteten. Mit diesen schwindelerregenden Sätzen aus sämtlichen Traditionen der menschlichen Kulturgeschichte schlenderte er nun durch den Wald und war froh,
als er die Brandung schon aus der Ferne hören konnte. Es war wohl noch Ebbe und diese friedliche Stille im halbdunklen Dämmerlicht übertrug sich auf seine zerbrechliche Stimmung. Am Strand
angekommen atmete Eonanda tief durch, die heranplätschernden Wellen beruhigten seine Nerven... Da bemerkte er eine gläserne Riesenqualle direkt vor seinen Füßen. Augenblicklich wurde ihm bewußt,
daß dieser glibbrige Organismus seine Zwillingsschwester aus Urzeiten war, und setzte sich zu ihr in den feuchten Sand. Irgendwie hatte er das Gefühl, daß sie ihn leicht erwartungsvoll anschaute,
weil ihre gläsern glänzende Haut diese allumfassende stumme Frage ausstrahlte "WAS IST PASSIERT?" - und sein Bedürfnis weckte, sich ihr zu offenbaren, dieser Qualle zu
erzählen, was sich seit damals verändert hatte, warum es so anstrengend war, mit einem menschlichen Hirn zu leben und daß er unendlich froh war, den quallenartigen Rohzustand des Bewußtseins nicht gänzlich vergessen zu haben. Und so flüsterte er bereitwillig und dankbar in den Schaum:
"Ich bin kein Selbstmörder, darum schaue ich dem Skandal meiner Seele entspannt ins Gesicht: Alles dient nur meiner Beruhigung, damit ich wieder funktioniere. Eine
Hypnose wird gegen eine andere ausgetauscht, jeder Zustand meines Ichs ist eine dekadente Selbstlüge. Solange ich mich einigermaßen glücklich, zufrieden und ausgeglichen fühle, kann ich ALLE
FIGUREN LIEBEN und zur Selbstbespiegelung nutzen. Aber sobald die Große Verwirrung eintritt, hilft KEINE EINZIGE weiter sondern starrt mich wie eine verstaubte Puppe im Setzkasten an: eine hohle
Erinnerung an gute Tage, fast meine ich das hämische Grinsen der eingefrorenen Mundwinkel zu erkennen. Selbst Buddhas, Zenmeister und Schamanen, sogar die geheimnisvoll goldenen Engel, sie alle
entwickeln jetzt plötzlich eine gruselige verschmitzte Art, mich wie Zombies schelmisch aus den Augenwinkeln zu betrachten, abwartend, ob ich bemerke, daß sie sich gegen mich verschworen haben,
um dann in schallendes Gelächter auszubrechen, mit dem Finger auf mich zu zeigen und im Chor loszuprusten: Ätsch, verarscht! Wir sind nur billlige Abziehbildchen Deiner jämmerlichen
Psyche, um Dich davon abzulenken, daß Du Dich mit unserer Hilfe in ein Identitätskorsett zwängst, das sofort zu Staub zerfällt, wenn Dir der Boden unter den Füßen weggezogen wird. Und dann?
Zittern dir die Kniee, alle Gedanken spielen sich gegeneinander aus, alles dreht sich wüst im Kreis, bis der ganze erbärmliche SEELENSCHWINDEL auffliegt! Hoch soll er fliegen!
Erbarmen! Habt Erbarmen mit mir, oh Ihr seltsamen Schattenspiele, Ihr selbsterfundenen Geister, seid gnädig mit mir, lasst bitte Gnade walten! Ich erwarte keinen Boden unter den Füßen, jedenfalls
keinen allzu festen, geschweige denn Flügel - nur einen Weg aus der Verwirrung, die GRUNDLOS AUS DEM NICHTS über mich kam und wie eine SEELENSÄURE meine gesamte Identität wegätzt. Dies ist das
schaurigste Vakuum, das mir widerfahren kann. Es vernichtet jeglichen Glauben an irgendeine Möglichkeit, ECHT zu sein. Es bleibt nur diese hohle Mogelpackung einer menschlichen Gestalt übrig als
organischer Roboter, der immerzu diese letzte Zahl 'UNENDLICH' ausspuckt und jede andere Zahl auf unendlich zurückführen kann. Jedes System, jedes Konzept, jedes Modell überführt sich selbst als
verschleierte Unendlichkeit, jedes Spiel trickst sich selbst aus, jede Geste wird irgendwann auffällig, verdächtig, ja, fürchterlich nichtssagend. Alles nur lächerliche Überkompensation eines
geschickten Trickbetrügers: DAS GROSSE ICH, das sich an irgendeine Figur klammert, sie liebkost und anfleht, und hofft, sie wieder zum Leben erwecken zu können. Aber diese Puppen schweigen und
glotzen ins Leere. DAS LEERE. Irgendwo da draußen. Hinter dem Setzkasten... Das Ich jongliert verzweifelt mit zerplatzten Seifenblasen. Die Verwirrung ist größer und älter als alle Figuren, ja
selbst das kosmische Urmonster liegt wie betäubt in meinen grenzenlosen Armen. Ich sehe sie alle, die ganze Armee meiner Figuren, inmitten Ihrer Bewegung eingefroren - abgeschaltet! Umgeben mich
wie billiges Pappmaschée. Ich hasse Euch! Ihr Versager! Ihr fahnenflüchtigen Feiglinge! Verräter! Genußsüchtige egoistische Schmarotzer!!! Solange ich dieser großartige blonde Künstler war,
dieser superschlaue, selbstreferenzielle Mystiker mit unendlicher Seelenruhe und kosmischem Durchblick - ja, solange ich diese ganze idiotische Erleuchtungsnummer repräsentierte, habt Ihr in
meinem Glanz gebadet. Aber jetzt? Jetzt, da ich EURE HILFE ein einziges Mal wirklich bräuchte, um JENSEITS ALLER PROJEKTIONEN mit meiner verlorenen Echtheit auf Tuchfühlung zu gehen, da zieht Ihr
Eure selbstgefälligen Gewänder aus, tauscht sie sogar untereinander aus wie Theaterkostüme und lacht Euch tot über meine nicht zu überbietende Blödheit! Hätte ich Euch doch nie geglaubt! Euer
geheucheltes Wohlwollen, Euer Spaß an meiner Verzweiflung, meiner Neugier und Abenteuerlust. Ihr seid meine eingebildeten NACKTEN GÖTTER! Eure Knochen sind blank gescheuert und liegen fein
säuberlich vor meinem geistigen Auge: ein weisser Knochen neben dem anderen! Wie die Betonskelette der Hochhäuser, die allesamt gleich ausschauen, exakt gleich, jeder Millimeter im rechten
Winkel, jede tragende Säule im selben Abstand - nur die Fassaden vertuschen die Austauschbarkeit! Ich entsage all diesen Fassaden, ich schaue hindurch und erkenne Euch, oh Ihr entblößten
verdammten Gottheiten, Ihr leeren, hohlen, absurden Spielgefährten, die meine Seele vernebeln! Meine Würde reicht tiefer als Eure erhabenen Sätze, ich mache mich
frei von Euren Zauberformeln und schreibe meine eigene Geschichte! Denn MEINE GESCHICHTE ist die Gegenwart! Diese Gegenwart des Heimatlosen, Entwurzelten. Die Große Gegenwart der andächtigen
Bodenlosigkeit, die jetzt durch mich hindurch strömt und kein Erbarmen kennt. Kein Wunsch nach Gnade lässt Rasen ausrollen. Die Muttererde bleibt unter mir gläsern, ich schaue durch den
Kristallplanet hindurch zu den Sternen auf seiner anderen Seite. Der Himmel umgibt mich in alle Richtungen und hat keinen Horizont. Ich schwebe inmitten der Hochgeschwindigkeitsleere durch meine
eigene Hohlheit und tausche die Zellen meines gläsernen Körpers gegeneinander aus: Jede Zelle springt durch den hohlen Zellkern der gegenüber liegenden, mein gesamter Körper stülpt sich mehrfach
ineinander um und verwandelt sich in einen einzigen Platzregen aus kernlosen Zellmembranen, die miteinander tanzend das magnetische Feld erzeugen, aus dem diese Stimme ertönt, die kein Ich hat
und trotzdem mehr Kraft und mehr Klarheit verbreitet als die Summe aller Ichs, die mir bislang zur Verfügung standen. Und diese Stimme spricht in der Sprache des magnetischen Drucks telepathisch
zu mir und formt keine Wörter sondern spricht frei von grammatischen Zwängen, befreit von dem Silbenzwang, als eine einzige, unendliche Druckwelle, tief und geduldig mich durchflutend und als
Lichtwesen erkennend. Als Wunder. Als gottlosen Gott und Verbrecher - SEELENRÄUBER UND SEELENRETTER bin ich! Mein eigener! Selbsträuber und Selbstretter! Ohne Rezept. Ohne Gnade. Ohne Geschichte.
GEDULD heißt das Zauberwort! Warten und frei von jeglicher Hoffnung entspannen und das grausame Seelenchaos als nicht wiederholbares Bewußtseinsabenteuer genießen. Am Ende wie neugeboren
aufstehen und weitergehen. Weitergehen als wäre rein gar nichts geschehen. Niemand hat irgendwas jemals bemerkt. Ich bin noch da. Ein Verwandelter. Ausgehöhlter. Das Drama war bloß eine innere
Illusion. Autos FAHREN. Büros ARBEITEN. Sonne SCHEINT. Mittagspause. Ein nettes Gespräch auf der Straße. Zufälle, die keine sind. Und die Zukunft PASSIERT von alleine."
Bei diesem Gedanken schaute Eonanda vom Sand auf und sah plötzlich den orange glühenden
Sonnenball, wie er sich langsam durch den Dunst aus dem Horizont des Ozeans erhob. Der Tag wollte beginnen, die Erde drehte sich unaufhaltsam weiter und legte den Blick auf das kosmische
Schauspiel frei. Eonandas Magen knurrte. Zeit für ein kräftiges Frühstück! Die Qualle wurde von einer letzten Welle erfasst und in den glitzernden Schaum zurückgespült. Eonanda stand auf, räkelte
sich, klopfte den Sand von der Hose und drehte sich um. Die Bäume leuchteten jetzt saftig grün und er freute sich auf den Heimweg ins Hotel. Die ersten warmen Sonnenstrahlen trafen seinen Nacken,
der Wald duftete ihm entgegen, er fühlte sich wieder fähig, in der Zivilisation mitzuspielen, und setzte sich in Bewegung, seinen Namen vor sich her murmelnd und freundliche Sprüche
einstudierend: "Guten Morgen, geht es gut?" Danke, BESTENS...