Manch ein Gerücht besagt, wir ständen kurz vor einer realen Revolution in Deutschland, weil sowohl der arbeitende als auch der arbeitslose Mensch immer deutlicher spüren, wohin sich der krasse Unterschied zwischen den Lebensverhältnissen entwickelt hat: einerseits schuften die Massen für Hungerlohn oder hungern nur ohne Lohn, andererseits lebt eine bürgerliche Oberschicht auf Kosten dieser Masse ein entspanntes, sattes Luxusleben. Warum mangelt es manch einem Milliardär an sozialem Gefühl? Und warum schämt sich manch ein Politiker nicht für seine skandalöse Veruntreuung von Steuergeldern? Warum allerorts Schmierenkomödien? Was ist aus dem Charakter des MENSCHEN eigentlich geworden? Ein Zombie? Ein Monster? Ein Kannibale? Die Künstler -egal welcher Disziplin- haben sich immer schon mit Visionen "menschenwürdigerer" Gesellschaftsutopien beschäftigt, oftmals aufgrund ihrer eigenen Situation. Kulturschaffende leben zunächst ganz tief unten im Volksalltag und sind scharfe Beobachter der Probleme "von unten". Wenn einer den Geldsegen der Berühmtheit erlangt, lässt er sich gern von den Vorteilen hypnotisieren. Gefeiert von Medien, Institutionen, Politikern und Mäzenen geschieht das, was schon lange als Kritik an der Popindustrie bekannt ist: selbst die radikalste systemkritische Kunst wird durch den Stempel "Staatskunst" so glatt gebügelt, entschärft und verharmlost, daß sogar erzkonservative Bürger genießen, was eigentlich ursprünglich gegen sie selbst gerichtet war. Die ehemals kritische Kunst verkommt zum ästhetisch-netten Kunststück! Und was machen die anderen? Sie machen weiter. Ganz unten. Und glauben an den Sinn ihrer kreativen Schufterei. Weil eine Gesellschaft die SELBSTKRITIK braucht, um lebendig zu bleiben. Flexibel und innovativ. Jede Hochkultur war zunächst eine Subkultur und so manch ein etablierter Staatskünstler war früher ein tabubrechender "Kritischer Künstler". Je kritischer desto größer die Gefahr, irgendwann in den Rang eines elitären Staatskünstlers empor gehoben zu werden. Mundtot gemacht. Ausgezahlt. Wie Dagobert Duck: ein Geldspeicher als Badewanne! Die Seele durch dicke Bunkermauern abgeschirmt vom anstrengenden Alltag der ehemaligen Kollegen. Die geistige Familie im Stich gelassen und von der Seite der Ausgebeuteten in das Lager der "Kulturkontrolleure" gewechselt. Aus der radikal-EGALITÄREN Motivation wurde ein neutral-ELITÄRES Motiv. Aus "engagierter" Kunst wurde leichte Kost: konsumierbare Kulturgüter, die sich problemlos beklatschen lassen. Sie bilden die Spitze vom Eisberg. Doch unter der Wasseroberfläche brodelt die KREATIVE MASSE mit neuen Ideen, neuen Visionen, neuen Gedanken und Gesten, die morgen schon Hochkultur sein könnten. Damit diese Kulturschaffenden UNABHÄNGIG VON TRENDS ihrer künstlerisch freien Forschung nachgehen können, bedarf es einer breitflächigen, unbürokratischen Subventionierung der ganzen Szene! FÖRDERN WIR UNSERE KREATIVWIRTSCHAFT VON MORGEN SCHON HEUTE ! BEREITEN WIR DEN NÄHRBODEN FÜR INNOVATION "VON UNTEN" NACH OBEN ANSTATT NUR VON OBEN SEELENLOS-SELEKTIV HINAB DELEGIERT ! ECHTE INNOVATION GESCHIEHT INVERTIERT: ALS EXPERIMENTIERFREUDIGE DIREKTKULTUR VON UNTEN FÜR ALLE !
( B I T T E U M G E D U L D - die Digitalisierung des handgekrickelten 10-Punkte-Plans verzögert sich aus gesundheitlichen & minijobtechnischen Gründen! Mit besten Grüßen an Peter Hartz: Bordellszene oder kulturelle Offszene, wählen Sie noch heute: teure Libido oder freie Literatur !!! )
"Die imperative Kraft der Kultur beruht auf der Überzeugung der Aktoren, die die überlieferten Deutungs-, Wert- und Ausdrucksschemata benutzen, erproben und
fortbilden. Aus der Sicht kommunikativ handelnder Subjekte kann sich hinter dem kulturellen Symbolismus keine fremde Autorität verbergen. Die Lebenswelt bildet in der Handlungssituation einen
nichthintergehbaren Horizont; sie ist eine Totalität ohne Rückseite."
Jürgen Habermas, in: Theorie des kommunikativen Handelns (1988)
"In seiner einfachsten und grundlegendsten Form - deren Unterformen alle Ausweitungen und Übertreibungen sind - ist das Problem dies: der Mensch ist ein
selbstbewußter und deshalb selbstkontrollierender Organismus; wie aber kann er je jenen Aspekt seines Selbst kontrollieren, der das Kontrollieren ausübt? Alle Versuche, dieses Problem zu lösen,
scheinen in einem Wirrwarr zu enden, ob auf individueller oder sozialer Ebene. (...) Unser Problem besteht darin, daß die lange Indoktrination mit dualistischem Denken es zu etwas Alltäglichem
hat werden lassen, daß wir unsere Natur nur kontrollieren können, indem wir uns gegen sie wenden. (...) Im politischen Bereich manifestiert sich dieser
Dualismus in der Trennung von Regierung oder Staat vom Volk, ein Phänomen, das sogar in Demokratien, in angeblich sich selbst regierenden Gemeinschaften, auftritt. Regierungen und
Staaten müssen aber existieren, wenn die Menschen kein Gefühl mehr haben für die Solidarität mit anderen, wenn die menschliche Gesellschaft nichts weiter ist als ein abstrakter Begriff für ein
Kollektiv von Individuen - eines vom anderen getrennt, weil jedes von sich selbst getrennt ist."Alan Watts, in: ZEN UND KONTROLLE
(1958)
"Die öffentliche Politik wird von Redenschreibern gestaltet, die unsere Köpfe unter Wasser halten wollen. Das öffentliche Wohl bleibt dabei völlig außer Acht und
die egoistischen Ziele dieser Macher sind stärker als der gesunde Menschenverstand. (...) Die Menschen, von denen man annehmen könnte, dass sie die Führung übernehmen, sind so verwickelt in ihre
eigenen persönlichen Dramen, gelähmt von Leistungsängsten und besessen von ihren Ambitionen, dass sie vom Fahrersitz Reißaus genommen haben. Und wir, ihre vergessenen Passagiere, müssen den Preis
dafür zahlen. Es sei denn, wir wachen auf. (...) Fernsehzuschauer und Zeitungsleser misstrauen vielen Dingen, die sie zu sehen und zu hören bekommen. Der Respekt vor Institutionen und selbst vor
der Religion schwindet. Nur wenige unserer designierten Führungskräfte bieten glaubwürdigen Trost. Die allgemein herrschende große verwirrung äußert sich in einer chaotischen Politik. Überall
nehmen Menschen die offensichtliche Kluft zwischen Ideal und Wirklichkeit wahr, ohne herauszufinden, bei wem der Fehler liegt. (...) Unsere ehrbaren Institutionen, Hüter unserer Überzeugungen und
Werte, müssen neu ausgestattet werden, wenn sie unser Vertrauen und unseren Stolz zurückgewinnen sollen. Eine Vorboten-Gesellschaft muss Innovation und Wahrheit zur festen Tradition machen statt
verzweifelte letzte Maßnahmen. (...) Unser Feind ist, einfach ausgedrückt, die Tatsache, dass wir nicht imstande sind, den radikalen gesunden Menschenverstand zu benutzen. Wir können zwar neue
Bezugsrahmen für politische Freiheit schaffen, aber auch diese werden wieder zu eng sein, denn wir haben uns noch nicht eingestanden, dass unsere Psyche unfrei ist."
Marilyn Ferguson, in: DIE SANFTE REVOLUTION (2005)