+ + + + Verfilmte Lyrik: FILMLYRIK? + + + +

Das erste Film-Preview "POEM" - PATHOS & PLAGIATUR (VON DER RELIGION ZUR REGIE UND ZURÜCK) jetzt hier auf Jimdo lesbar!

Ausgewählte Filmkritiken über "POEM - Ich setzte den Fuß in die Luft und sie trug"

"POEM - Ich setzte den Fuß in die Luft und sie trug"
BRD 2003, 91 Min, Regie: Ralf Schmerberg

 

Ralf Schmerberg, in "WIDER DIE BLÖDHEIT"

(Berliner Morgenpost, 8.2.2003):

"(...) Nach der Schule bin ich als Fotograf mit gierigen Augen durch die Welt gezogen, nie interessiert an Sprache, immer an Bildern. Ich habe keinerlei Berührungspunkte mit Poesie gehabt - bis ich mit "Poem" begonnen habe. Mir ist vor vielen Jahren klar geworden, dass die Lebens- und Gesamtsprachentwicklung sich zunehmend reduziert und banalisiert. (...) Dieses Sich-Auflösen einer guten Sprache hat mich sehr beschäftigt, und ich habe einen Kontrast dazu gesucht - zum Beispiel einen Film, in dem die Sprache der einzige Grund seiner Existenz ist. (...) So haben Antonia und ich begonnen, Lyrik zu lesen. Antonia Keinz ist Autorin, und sie hat schon von Kindheit an gelesen. Mit ihr zusammen habe ich meine persönliche Lyrik-Entdeckungsreise begonnen, ein Gedicht-Autodidakt sozusagen. (...) Ein großer Teil von "Poem" war Lesen. Wir haben zwei Jahre eigentlich nur mit Lesen verbracht. Wir haben uns durch Tausende von Gedichten gepflügt. Erst hat es mich gar nicht interessiert. Nichts gegen Gedichte, aber sie waren nicht Fokus meiner Existenz. Dann sind sie zum Hauptthema meines Lebens geworden. Ich wollte soviel wie möglich gelesen haben; wenn der Film fertig sein würde, sollte mir nicht das Gedicht begegnen, von dem ich mir vorwerfen müsste, es nicht zuvor gelesen zu haben. (...)"

 

"Der Regisseur selbst gehört nämlich zu einer Gruppe, die wir bisher noch gar nicht berücksichtigt haben. Das sind die Überläufer. Die, die zum allerersten Mal ein Gedicht gelesen haben. Die, die sich nach einem langen Leben mit MTV die Frage stellen: War sie das nun wirklich schon, die ganze Sprache? In einer solchen biografischen Situation las Schmerberg sein erstes Gedicht. Solche Begeisterung kann zu Mißverständnissen führen - etwa jenem, Dichtung sei Unmittelbarkeit oder habe etwas mit dem Ausdruck von Gefühlen zu tun. (...) Das ist wunderbar fotografiert, aber es ist Tautologie. Bebilderung statt Bild. (...) Am Ende erfindet Schmerberg Schillers Ode 'An die Freude' mit den Mitteln der Urhorde neu - egal, dass es mißlingt." Kerstin Decker, in: DER TAGESSPIEGEL

(8.5.2003, Nr.18113, Seite 31: Glauben und gestehen)

 

"...Nun sind Hermann Hesse, Paul Celan und Heiner Müller nicht unbedingt geeignet, die Massen ins Kino zu locken. 500 Nackte, die aufeinander einprügeln und sich mit blutroter Farbe bewerfen, vielleicht schon. So wurde das Gedicht ÜBERSTRÖMUNG von Tom de Toys in Szene gesetzt..." (Süddeutsche Zeitung, 2001)

"Gedichte werden vorgelesen, 19 an der Zahl, von bekannteren Autoren zwischen Goethe, Schiller, Hölderlin bis Celan, Trakl, Rilke, Arp, Jandl, und von unbekannteren Autoren, die dies offenbar mit gutem Grund sind. Dazu wird an Bildern komponiert, was man wohl für Filmlyrik hält. Leider führt dies in zu wenigen Fällen zu einem stimmigen, in kaum der Hälfte der Episoden auch nur zu einem erträglichen Ergebnis." (Süddeutsche Zeitung, 2003)

"Es lauern die Kitschfalle, die Pathosfalle, die Oberflächlichkeitsfalle. Schmerberg fällt nicht darauf herein, er findet immer sehr gute Bilder, auch wenn sie manchmal die Sprache verdecken. Gedichte, diese autonomen Kleinlebewesen, sind der Albtraum der Dramaturgen. Wenn sie gut sind, sind sie Welten für sich, inkompatibel; wenn sie Zyklen sind, sind sie meistens schwach." (ZDF aspekte)

 

"Der unbedingte Wille zur Poesie ist schon manchem Autoren zum Verhängnis geworden. Schlichte Gedichte, die Tiefe vortäuschen, wo doch nur verschwurbelte Grübelei ist, gibt es schon genug. Deutsche Filme dieser Art aber scheinbar immer noch nicht. (...) Das hat zuweilen sogar - meist leider unfreiwilligen - Unterhaltungswert. Ziel erreicht? Nach 'Poem' möchte man lesen, aber nie wieder Werbespots für Gedichte sehen. Pseudotiefsinnige Bilderflut." Andreas Becker, in: TICKET

(8.-14.5.2003, Tagesspiegel-Beilage Nr.19: ICH BIN 19 GEDICHTE)

  "Haften bleiben vor allem die Bilder, nur gelegentlich gelingt ein Gleichklang von Bild und Wort (...) 'Poem' führt auf eine multimediale Entdeckungsreise, bei der die lyrischen Reize zwar der Aufhänger sind, letztlich aber unter der Macht der Bilder das Nachsehen haben."

(Cornelia Fleer, Filmdienst)


"jedoch ging es nicht um die inhaltliche Aussage der Gedichte umsetzenden Bilder, sondern für sich genommen stehende Szenen (...) Am Ende haften bleiben werden aber vor allem die Bilder."

(Thomas Volkmann, Programmkino)


"formales Bildgewitter qualitativer Divergenz, das nie zu einer Einheit findet (...) gewagtes Experiment, indem er Lyrik als Konsumgut im Designerlook feilbietet (...) Lyrikpuristen und Filmästheten allerdings werden dem 'Poem'-Potpourri wohl kaum etwas abgewinnen können."

(Oliver Baumgarten, Schnitt Filmmagazin)


"Ein paar der Stücke wirken denn auch wie MTV-Versatzstücke, andere laborieren an der Aufdringlichkeit, mit der die engagierten Sprech- und Darstellungskünstler sich aufspielen."

(Fritz Göttler, Süddeutsche Zeitung)


"Sowohl die Auswahl als auch die Umsetzung sind Schmerbergs eigene und oft eigentümliche. Keine Allgemeingültigkeit, keine Literaturgeschichte, sondern der eigene Blick (...) Böser Katholizismus, guter Buddhismus?"

(Michael Sommer, ZDF aspekte)


"Gedichte, die von Liebe und Tod, vom Werden und Vergehen (und etwas zu oft vom Himmel) erzählen (...) Der Versuch, visuelle Gegenstücke zu den Versen zu finden, ohne banal zu werden, glückt nicht immer: (...) Das Pathos des Films, das sich wohl nicht ganz vermeiden ließ"

(Lars-Olav Beier, Spiegel)


"wenn ein falsch verstandenes Pathos beschworen wird. Nicht tiefsinnig, sondern langweilig (...) Dieses Pathos kippt in Kitsch um, wenn eine schreiende Horde von nackten Männern und Frauen sich zu Schillers Ode 'An die Freude' mit Farbbeuteln bewirft."

(Aygül Cizmecioglu, Taz)


"Das ist wunderbar fotografiert, aber es ist Tautologie. Bebilderung statt Bild. (...) Am Ende erfindet Schmerberg Schillers Ode 'An die Freude' mit den Mitteln der Urhorde neu - egal, dass es misslingt."

(Kerstin Decker, Tagesspiegel)


"Doch nicht alles kann gelingen - Else Lasker-Schülers 'An den Ritter aus Gold', Schillers Ode 'An die Freude' oder die Reise durch Tibet (...) changieren zwischen Kitsch und Farbschlacht, sind zu plakativ für feine Nuancen."

(Cristina Moles Kaupp, Tip)


"Schlichte Gedichte, die Tiefe vortäuschen, wo doch nur verschwurbelte Grübelei ist, gibt es schon genug. Deutsche Filme dieser Art aber scheinbar immer noch nicht. (...) Nach 'Poem' möchte man lesen, aber nie wieder Werbespots für Gedichte sehen. Pseudotiefsinnige Bilderflut."

(Andreas Becker, Ticket)

 

"Eine ebenso platte wie bemüht metaphorische Bebilderung. (...) Offensichtlich sperren sich manche literarische Vorlagen, in ein anderes Medium überführt zu werden."

(Dirk Pilz, Zitty)

 

"Liebe und Leidenschaft, Glück und Unglück – kurz die Macht der Gefühle, das Menschliche und Allzumenschliche zusammengefasst in einer magischen Reise durch die Welt der Poesie und Imagination: Das ist POEM. Regisseur Ralf Schmerberg setzt deutschsprachige Lyrik in flirrende und verführerische Bilder um, unterstützt von grandiosen Schauspielern wie Meret Becker, Klaus Maria Brandauer, David Bennent und Jürgen Vogel, die Texten von Heiner Müller, Hermann Hesse, Heinrich Heine oder Ingeborg Bachmann ein "Gesicht" geben. Ein raffiniertes Spiel mit Worten und Träumen, unerfüllten Sehnsüchten und Symbolismen. Der visuell opulente Trip von Rio bis zum Himalaja, von Island bis Spanien und Berlin ist aufregend junges Kino. Ein Fest der Sinne."
(Timo Reith, HHESSE.de)


  "Bietet uns Ralf Schmerbergs Film POEM eine filmische 'Verstärkung' der Lyrik oder verkommt die Lyrik zu einem Werbe-Clip? Beim Berliner 'Poetryfilm Award' im Juli 2002 entdeckt Evelyn Finger zwar >>viel geballten Mut, die Genregrenzen zur überschreiten<<, aber sie sieht fast nur >>Lyrikverfilmungen der vorgetäuscht rätselhaften und der direkt illustrierenden Art<<. (...) Fast selbstverständlich muten die Filminspirationen vieler amerikanischer Lyriker an, und so lautet der Titel der von Rolf-Dieter Brinkmann 1969 herausgegebenen Anthologie neuer amerikanischer Lyrik fast folgerichtig "Silverscreen": Lyrik als silberne Film-Leinwand, als silberner TV-Schirm. Ebenso auffällig 'filmisch' ist die Lyrik-Theorie, die Brinkmann seiner literarischen Begegenung mit dieser (nur oberflächlich bezeichneten) 'Pop-Lyrik' entnimmt: antiintellektuell, antiabstrakt, antitheoretisch soll seine neue Lyrik sein - und mit positiven Kategorien: sinnlich, konkret, augenfällig, bildhaft, bilderhaft, also eine Bilderfolge und demnach eine Montage aus vielen, meist unterschiedlichen Bildern. Oder mit den Worten Brinkmanns: >>Der entscheidende Unterschied (...) ist, daß Bilder gegeben werden, andere Vorstellungen [images], die sinnliche Erfahrung als Blitzlichtaufnahme; es passiert nicht die Zurückbiegung des Gedichts auf ein Sprachproblem oder auf unpersönliche Metaphern oder das bloße Allgemeine (der 'Politik'), denn das Leben ist ein komplexer Bildzusammenhang. Es kommt darauf an, in welchen Bildern wir leben und mit welchen Bildern wir unsere eigenen Bilder koppeln<<."
Thomas Bleicher: LYRIK: INTERMEDIAL (1995/2003)


De Toys als Statist beim Filmdreh für POEM (c) by Smudo 19.8.2001 @ Sandgrube Potsdam
De Toys als Statist beim Filmdreh für POEM (c) by Smudo 19.8.2001 @ Sandgrube Potsdam

VOR 20 JAHREN: WER ERINNERT SICH NOCH AN DIESE FULMINANTE LYRIK-VERFILMUNG AUF HOLLYWOOD-NIVEAU? WER WAR DABEI (NACKT ODER NICHT)? UND AN WELCHEM SELBSTTHERAPEUTISCHEN PUNKT SEINER SPIRITUELLEN SUCHE BEFINDET SICH DER REGISSEUR HEUTE? BEREUT ER DIE ENTSCHEIDUNG, DAS GEDICHT "ÜBERSTRÖMUNG" NACHTRÄGLICH GEGEN SCHILLERS ODE AUSGETAUSCHT ZU HABEN? Während des "POEM"-Filmdrehs in der Potsdamer Sandgrube am 18./19.8.2001 erscheint kurz vor der finalen Szene plötzlich unerwarteterweise auf der Spitze eines Sandhügels der Produzent "Mad" Ray Cooper (geb. am 19.8.1942 oder 19.9.1947, Schlagzeuger & Schauspieler) höchstpersönlich in schwarzem Anzug, mit schwarzer Sonnenbrille und Glatze - und keiner der Darsteller scheint zu ahnen, um welche legendäre Prominenz es sich handelt! De Toys, dessen Gedicht hier gerade verfilmt wird, befindet sich inkognito unter den blau bemalten Nacktstatisten (die seine wahre Identität nicht kannten), die erstaunt zum Produzent hinauf blicken und lachend bemerken: "DAS IST BESTIMMT DER DICHTER!" De Toys lacht mit und kommentiert trocken: "Wahrscheinlich!" So viel zum Klischee, wie ein berühmter Dichter auszusehen hat: existenzialistisch, cool, distanziert, elitär, intellektuell. Aber weder Cooper noch De Toys entsprechen diesem Klischee...

 

 

Weiterführende Links:

 


www.poem-derfilm.de

 

www.poem-salon.de

 

 

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