Die sogenannte "Neue Lässigigkeit" versteht sich als STILMITTEL EINER LITERATURTHEORETISCHEN REPORTAGE-METHODE, die versucht, nicht nur von objektiven Fakten wahrheitsgetreu zu berichten sondern die subjektive Betroffenheit des Reporters miteinzubeziehen, um einen Artikel in seiner Menschlichkeit, Authentizität und damit letztlich auch in seiner Glaubwürdigkeit aufzuwerten! De Toys schrieb (u.a.als LORD LÄSSIG) Rezensionen, Reportagen, Essays und Kritiken, die seiner eigenen Vision einer "Neuen Lässigkeit" folgten, indem er sich als beteiligten Erzähler auch mit seiner persönlichen Emotionalität in den Text einbrachte, anstatt möglichst steril, trocken und überernst eine längst hinfällige Wissenschaftlichkeit vorzutäuschen, die glaubt, "objektive" Fakten unabhängig vom Beobachterstandpunkt produzieren zu können. Inzwischen fließt die Methode einer Neuen Lässigkeit in den meisten Massenmedien quasi unbemerkt als normales Stilmittel ein, denn der zeitgenössische Mensch schreit nach dem Echtzeit-Real-Life-Feeling - was nicht unbedingt dazu führt, daß die Qualität der Berichterstattung immer besser wird. Eine Kritik an der Kritik der Lässigkeit wäre jetzt vonnöten!
>> Zuerst dachte ich, die wollten Krieg, Umweltzerstoerung, Ausbeutung, Ungerechtigkeit... nur als eine Art Kommunikationsproblem behandeln, etwa als ob
optimale Kommunikation in die Utopie fuehrte - selbst das waere ja hoechst gewagt. Aber eigentlich wollten die wohl lediglich flimmernde und wackelige Videobilder durch schillernde soziologische
und philosophische Woerter aufmotzen. (...) Die Fremdwoerter "Dekonstruktion", "Authentizitaet", "Diskurs"... haengen sozusagen wie Girlanden um die Monitore und Leinwaende. (...) Die Texte sind
mit Absicht kompliziert gestaltet, und wenn man sie doch mal in eine einfache Aussage uebersetzt, ist sie zumeist banal. <<
Thomas Nöske (Autor von "CLOCKWORK ORWELL", Unrast-Verlag 1997), Email-Auszug vom 6.2.04 an Lord Lässig bzgl. dessen Anti-"transmediale.04"-Essay
(Zitat-Abdruck via G&GN-Institut mit freundlicher Genehmigung des Autoren)
Lord Lässig, 4.02.2004
VOM MATERIALISMUS ZUR METAPHYSIK UND ZURÜCK?
(PLÄDOYER FÜR DIREKTEN KONTAKT STATT DIGITALEM KONSUM)
Wer den durch ueberfluessig personenkultig-voyeuristische Videos (Ex-Haeftling beim Nudelkochen) eingeleiteten Vortrag des italienischen Trendautors Antonio Negri auf der "transmediale.04" am
31.1.04 in der Schwangeren Auster live miterlebt hat, bewundert jeden Journalisten, der darueber eine ganze Seite fuellen kann. Sebastian Preuss hat sich am 2.2.04 in der "Berliner Zeitung" (auf
S.12 im Feuilleton) die Muehe gemacht und mehr aufgeblasen als real gesagt wurde - und dabei ungewollt den verrosteten Nagel auf den kommunistischen Kopf getroffen: Negris angebliche
Ueberwindung der utopischen Transzendenz entpuppt sich bei naeherem Hinsehen als dialektische Regression in einen multimedial-magischen Materialismus, der zwar aufgrund "neuer Technologien"
vordergruendig aufgeklaert-postmodern wirkt, aber letztlich seine Juenger (oder sollte ich besser sagen: ewigen Juenglinge?) dank digitaler Hirnwaesche in eine beschaeftigungs-therapeutische
pseudodadaistisch-mikroindustriefoerdernde Spaß- sekte verwandelt, die das virtuelle Konsumieren von interaktiven Informationen als weniger egoman-entfremdet empfindet als den klassischen
Kapitalismus. Das allzu rational-dualistische Bewusstsein traditioneller Philosophie fuehrt hier wieder einmal zu dem Missverstaendnis, dass die ontologische Medaille nur aus den beiden
Seiten Materie & Metaphysik bestuende, ohne zu ahnen, dass die Medaille eigentlich eine OFFENE KUGEL ist, deren mystisch-multidimensionales Vorhandensein an sich als transzentrische Mitte des
Denkens dienen muss, um zu begreifen, dass das echte Leben nicht nur aus inhumanen Arbeitsverhaeltnissen befreit werden sollte sondern auch eine Integrale Intensivierung der Immanenz braucht, um
trotz Verlust der metaphysischen Mitte zu einer nicht nur grobstofflichen sondern quantenmechanischen, kosmisch-kybernetischen SPIRITUELLEN SINNLICHKEIT zu finden. Negri behauptet naiverweise
(jedenfalls laut Uebersetzer), wir wuerden in einer Zeit ohne Jenseits leben, in einer Gesellschaft, die keine Transzendenz mehr benoetigt. Tatsaechlich ist es aber so, dass die wenigen
ueberwachen Menschen, die nicht mehr nach irgendeinem okkulten Opium suechtig sind, tagtaeglich von fetischistisch massenmedialen Betaeubungsfluten in Form von Werbeplakaten auf der Strasse,
Monitoren in der U-Bahn und Kultur- eventismen in Konzerthallen und Museen umgeben sind und sich der Dauerberieselung (mitsamt kollegialem Smalltalk darueber am Arbeitsplatz) kaum entziehen
koennen, obwohl sie sich nicht dafuer interessieren. Berlin gleicht darin immer mehr der Orwellschen Negativutopie - kein Entrinnen moeglich ausser per Billigflug fuer eine laecherliche
Woche auf die Insel ohne Glasfaser, ohne Infrarot, ohne Strom, ohne Satellitenschuessel und ohne Menschen. Dann fuehlt man sich vielleicht wie Huxleys Wilder im Reservat ausserhalb der schoenen
neuen Welt, aber kehrt doch irgendwann zurueck in die Alltagsmatrix, um zu pruefen, ob sich der Nachbar inzwischen auch schon die Augen gerieben hat. Ein kurzes Laecheln wuerde manchmal
genuegen...